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Dein Lese-Letter zur Wochenmitte
Kalenderwoche 50/2025
Hallo Medieninsider!
Schön, dass du dabei bist! Was dich in dieser Woche unter anderem im Lese-Letter erwartet:
► Sattes Gewinnwachstum in 2025: Springer-CEO Mathias Döpfner verfällt in Euphorie – die Details aus dem jüngsten Mitarbeiter-All-Hands (direkt zum Artikel)
► Abkehr von der KEF-Empfehlung: Volker Nünning erklärt, weshalb der Rundfunkbeitrag nun doch nicht so stark steigen soll wie ursprünglich empfohlen (direkt zum Artikel)
► Nächster Schritt der Reform: Der BDZV legt zwei Ausschüsse neu auf und schafft eine Arbeitsgruppe ab (direkt zum Artikel)
► Vom Verlegertraum zum Millionengrab: Prof. Volker Lilienthal legt mit seiner neuen Fallstudie die bislang ausführlichste Recherche zum Scheitern von Bild TV vor (am Ende des Newsletters)
► Versteigerung ist durch: Mit diesem Kunstwerk hat RTL Millionen gemacht (am Ende des Newsletters)
Döpfners Profit fürs „Wohlergehen der Gesellschaft“
Mathias Döpfner hat allen Grund zur Freude: Beim jüngsten All Hands schlug der CEO und Miteigentümer von Axel Springer überraschend mit hervorragenden Geschäftszahlen auf.
Nach eigener Aussage hat der Konzern seinen Gewinn im Vergleich zum Vorjahr massiv ausgebaut – und das mitten in der Rezession, in der so viele um ihre Profitabilität bangen. Mit anderen Worten: Springers Strategie geht auf, zumindest laut Excel.
Entsprechend begeistert war der Medienmanager bei seinem Auftritt vor der Belegschaft – nur ist fraglich, ob er seine Euphorie so auf seine Mitarbeiter übertragen konnte, wie er es eigentlich vorhatte. Springers Spitzenergebnis hat nämlich einen Preis. Vor allem im Publizistikgeschäft geht er stark auf die Kosten des Personals. Überhaupt bleibt das Bild dort durchwachsen.
Als absolutes „profit center“ gilt nämlich auch nach der Trennung von großen Teilen des Classified-Geschäfts nicht der klassisch journalistische Content, sondern die Commerce-Aktivitäten, denen Döpfner noch eine große Zukunft prophezeit. So sagte er beispielsweise über den Kaufberater von Bild, der aus der Integration von Computer Bild mit ihren Testkompetenzen hervorgegangen ist:
Ich denke, das Potenzial ist so groß, dass er eines Tages größer sein kann als das, was Bild heute ist.
Es ist nicht die einzige Aussage des CEOs, die aufhorchen lässt. Angesichts der satten Gewinne stießen in Teilen der Belegschaft Döpfners Ausführungen übel auf, sowohl Profitabilität als auch den Wert des Unternehmens zu verfielfachen. Es gehe nicht allein um „materielle Wertschöpfung“, sondern um einen „übergeordneten Zweck“, um einen Beitrag „zum Wohlergehen der Gesellschaft“. Gemeint hat er das Engagement für eine freiheitliche Gesellschaft. Die Forderung nach einem Friedensnobelpreis fiel hingegen nicht. Dafür hatte Döpfner aber noch vollmundige Versprechen für Reporter im Gepäck. Überraschend hingegen war, dass der Euphorie von einem Einhalt geboten, der sonst genauso wenig um große Worte verlegen ist.
Ich habe alle spannenden Aspekte aus der internen Veranstaltung herausgearbeitet und mit Kontext angereichert. Der Erkenntnisgewinn dieses Events liegt in der Differenzierung.
Interessant an Auftritten wie diesen ist immer auch, worüber nicht gesprochen wird. Außer dem Kaufberater und dem Commerce-Geschäft fielen eigentlich keine Beispiele, womit man dem Ziel der Wertsteigerung eigentlich nachkommen will. Das digitale Abogeschäft sowohl in Deutschland als auch in den USA war genauso wenig ein Thema wie die Fortschritte oder Pläne in der so genannten Premium-Gruppe, die dieses Jahr strategisch im Zentrum stand.
59 % der Menschen spielen regelmäßig und Medienunternehmen profitieren davon. Der Games-Report von XPLR: MEDIA in Bavaria erklärt, wie Technologien & Mechaniken die Branche transformieren.


► Hamburger Impuls-Papier: Wie schützen Publisher ihre Inhalte vor KI-Plattformen?
Q&A mit Christoph Zimmer (Spiegel) & Dr. Christian Heise (HMS)
Freitag, 19. Dezember 2025 von 15:00 - 16:00 Uhr
Alle Veranstaltungen findest du auf medieninsider.com/events

► Urteil ist rechtskräftig: RBB muss Ex-Programmdirektorin bis ans Lebensende über vier Millionen Euro Ruhegeld bezahlen (mehr erfahren)
► Haushaltssperre: Der MDR muss 2026 weitere zehn Millionen Euro sparen (mehr erfahren)
► Auch der Saarländische Rundfunk beschließt Mittelsperren für 2026 (mehr erfahren)
► Der Bayerische Rundfunk plant 2026 mit einem Defizit – Gleiches gilt für den SWR (mehr erfahren)
► Wegen Verdacht auf unrechtmäßiger Datennutzung für AI-Overviews: Die EU-Kommission leitet ein Verfahren gegen Google ein (mehr erfahren)
► Der internationale Zeitschriftenverband Fipp schlüpft unter das Dach von WAN-IFRA (mehr erfahren)
► Die New York Times wirft Perplexity vor, unerlaubt Inhalte auszulesen und zu verwerten – und trägt den Streit vor Gericht (mehr erfahren)
► Meta schließt AI-Deals mit zahlreichen Publishern – aus Europa ist lediglich Le Monde dabei (mehr erfahren)
► Trotz Ankündigung einer Einigung: Paramount kontert das Netflix-Angebot und bietet 108 Milliarden US-Dollar für Warner Bros. (mehr erfahren)
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„Ein Jahr des Chaos“: Warum Bild TV nicht funktioniert hat

Es war eine der größten Ansagen von Bild, die ebenso groß gescheitert ist. Vor bald zwei Jahren hat Axel Springer Bild als Fernsehsender endgültig eingestellt – beziehungsweise das, was davon übrig geblieben war. Was als „Erfüllung“ eines „Traums von Axel Springer“ begann, wurde zum Millionengrab. Und nun ist eine Analyse erschienen, die der Sache auf den Grund geht.
Verfasst hat sie Prof. Volker Lilienthal, der für seine tiefgründigen Fallstudien bekannt ist und auch für die nun vorgelegte mit 43 (!) Mitarbeitern und Führungskräften von Bild gesprochen hat. Übrigens unter ausdrücklicher Zustimmung des damaligen Chefredakteurs Julian Reichelt.
Auch wenn die Analyse vor allem die redaktionelle Perspektive auf den Start und das Ende von Bild TV abbildet: Es ist damit die wohl fundierteste aller Recherchen, die bislang zu diesem Thema erschienen ist. Lilienthals Studie ist erst am gestrigen Dienstag erschienen. Einige Erkenntnisse nach der ersten Lektüre:
► Überforderung durch „doppelte Disruption“: Der Start des Senders erfolgte überhastet mitten in der Corona-Pandemie. Dies führte zu einer extremen Arbeitsverdichtung, da bei gleichzeitigem Personalabbau plötzlich drei Kanäle (Print, Online, TV) bedient werden mussten.
Beispiel: Ein Nachrichtenredakteur berichtete von Arbeitspensentagen von bis zu 18 Stunden, da Schichten ausgedünnt wurden und gleichzeitig neue TV-Aufgaben hinzukamen.
► Mangelnde Kompetenz und „Learning by Doing“: Es fehlte an qualifiziertem TV-Fachpersonal. Stattdessen sollten Print- und Online-Redakteure ohne hinreichende Vorbereitung fernsehtaugliche Inhalte produzieren.
Beispiel: Ein Mitarbeiter schilderte, dass Fotografen eingesetzt wurden, die technisch nicht wussten, wie man ein Mikrofon einstellt, während die Moderation quasi live „on air“ erlernt werden musste.
► Führungsversagen und Angstkultur: Der Führungsstil von Chefredakteur Julian Reichelt wird als autoritäres Mikromanagement beschrieben, das auf spontanen Wünschen („Julian will das so“) basierte statt auf strategischer Planung.
Beispiel: Die interne Kommunikation über das Tool Slack wurde von Redaktionsmitgliedern als „öffentlicher Pranger“ empfunden, was zu einer Atmosphäre der Angst und Demotivation führte.
► Organisatorisches Chaos: Die Integration der TV-Produktion in die bestehenden Abläufe misslang. Es gab keine klaren Zuständigkeiten oder funktionierende Schnittstellen zwischen den klassischen Ressorts und dem neuen TV-Team.
Beispiel: Ein politischer Chefreporter bemängelte, dass es für die TV-Redaktion nicht einmal eine Telefonnummer gab, die man für Absprachen anrufen konnte, was die Koordination massiv erschwerte.
► Kannibalisierung der eigenen Produkte: Der Fokus auf Bild Live schadete dem Kerngeschäft Bild.de. Video-Inhalte verdrängten Texte von der Startseite, was die Nutzerfreundlichkeit (mobile Datenlast) und die Monetarisierung (Paid-Content) beeinträchtigte.
Beispiel: Ein Mitglied der Chefredaktion merkte an, dass durch die aggressive Platzierung von Live-Videos auf der Homepage der Platz für bezahlpflichtige Artikel fehlte, wodurch weniger Abos verkauft wurden.
► Erratische Ressourcenverschwendung: Getrieben von einer „Breaking News“-Ideologie wurden Ressourcen oft ineffizient eingesetzt, um Ereignisse künstlich aufzublasen, was journalistisch oft in Banalität endete.
Beispiel: Eine stundenlange Live-Übertragung einer Hausräumung in Berlin wurde intern als „Ressourcenvernichtung“ kritisiert, da das Ereignis wie „Kaugummi“ in die Länge gezogen wurde, ohne journalistischen Mehrwert zu bieten.
Was Lilienthals Analyse auch noch einmal vor Augen führt: Wie groß die Unterschiede zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung bei Julian Reichelt persönlich sind. Der damalige Chefredakteur kommt als einziger namentlich zu Wort, schildert seine Sicht auf die Entwicklung von Bild TV, aber auch auf die Redaktionskultur. Es liest sich, als würden zwei unterschiedliche Welten beschrieben werden.
Lilienthals Analyse ist in der Fachzeitschrift Medien & Kommunikationswissenschaft vom Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut erschienen. Hier kannst du sie komplett lesen.
Millionen für Gruners Kunst

In Deutschlands Medienindustrie werden Erlösprognosen derzeit eher unter- als übertroffen. Für dieses Projekt gilt das nicht.
Das ist Kunst, das kann weg. Wie wir hier neulich berichteten, löst RTL Deutschland die kleine Kunstsammlung seines Verlagshauses Gruner + Jahr auf. Eines der wertvollsten Stücke wurde am Wochenende versteigert – und hat die Schätzung von bis zu 2,5 Millionen Euro noch einmal übertroffen.
Gut 3,6 Millionen Euro hat die Marilyn-Monroe-Serigrafie von Andy Warhol eingespielt. Wer der Höchstbietende war? Leider unbekannt.
Viele Grüße
Marvin
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