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[Re-sent] KW 24/22
Sigrun Albert, BDZV, Welt, Ulf Poschardt, DuMont, GEZ, Microsoft, Apple
Hallo !
Schön, dass du dabei bist! Offenbar hat dich der Lese-Letter von vergangenen Mittwoch noch nicht erreicht. Vielleicht hast du am heutigen Sonntag etwas mehr Zeit, mal hineinzuschauen. Was dich erwartet:► Sigrun Albert im Antrittsinterview als neue Hauptgeschäftsführerin des BDZV
► Die Hintergründe zum Exodus im Wissen-Ressort der Welt
► Unsere Community-Termine in den kommenden Wochen
► Ein paar gute Gründe, auch als kleiner Publisher sein CMS zu relaunchen
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Im ganzen BDZV-Theater der vergangenen Monate rund um Verleger-Präsident Mathias Döpfner ging eine andere Personalie fast schon unter. Bereits im April wurde eine wichtige Schlüsselposition neu besetzt.
Sigrun Albert übernahm den Posten der Hauptgeschäftsführerin und leitet seitdem die operativen Geschicke des Verbands. Und Schlüsselposition passt nicht nur wegen des Fotos ganz gut, sondern auch, weil sie mitten in einer Phase zum BDZV stößt, in der er sich reformieren soll. Möglich, dass dabei auch ihrem Amt mehr Geltung eingeräumt wird als es bislang der Fall war – raus aus dem Schatten des großen Präsidenten.
Ich habe die Medienmanagerin, die zuletzt Chief Product Officer bei der Neuen Zürcher Zeitung in der Schweiz war, vergangene Woche zum Interview getroffen. Weil es ihr erstes in neuer Rolle war, ist es ausführlich geworden – schließlich gibt es auch ohne die Causa Döpfner genügend verbands- und medienpolitische Themen.
Für den Lese-Letter habe ich einige Aussagen herausgezogen. Das komplette Gespräch findest du hier.
Natürlich konnten wir das Interview nicht starten, ohne über den Präsidenten zu sprechen. Seinen Rücktritt erklärte Döpfner nicht mit den Unruhen, die er in den vergangenen Monaten an mehreren Fronten ausgelöst hatte, sondern seinem neuen Fokus auf das internationale Geschäft und der vorangeschrittenen Digitalisierung seines Konzerns. Einen Rücktritt mit Nachtritt erkennt die neue Hauptgeschäftsführerin darin nicht – eher eine Annahme geäußerter Kritik, nicht genügend an andere gedacht zu haben:
„Seine Erklärung war ein Zeichen, dass er das gehört hat und sieht, dass die Bedürfnisse der jeweiligen Häuser sich deutlich unterscheiden.“
Mit Blick auf die angestrebten Strukturreformen und die Modernisierung des Verbands, signalisiert sie, für die unterschiedlichen Interessen und Geltungsbedürfnisse Deutschlands Verleger sensibilisiert zu sein und fordert eine breite Debatte über erarbeitete Vorschläge der nun eingesetzten Arbeitsgruppe:
„Es soll nicht der Eindruck entstehen, dass die Zukunft des BDZV im kleinen Zirkel konstruiert wird.“
Nach den Streitigkeiten der vergangenen Monate, die sich vor allem zwischen Springer-Chef Döpfner, Madsack-Chef Thomas Düffert und Funke-Verlegerin Julia Becker zugetragen haben, mahnt sie aber auch:
„Wenn wir weiter in Machtkategorien denken und darüber diskutieren, wer wie viel Einfluss hat, dann wird das nicht funktionieren.“
Gestritten wurde in den vergangenen Monaten viel. Nicht nur um Döpfner als Person, auch inhaltlich – beispielsweise über den Umgang mit dem Leistungsschutzrecht gegenüber Google oder Facebook. Die Verlage wollten zunächst zusammenstehen, nach und nach wurden einzelne aber schwach und scherten aus. Sigrun Albert zeigt Verständnis.
„Wenn mir sechs- oder siebenstellige Summen angeboten werden, muss ich natürlich erst einmal schauen, wie ich damit umgehe. Da braucht es gute Argumente, um das Geld abzulehnen.“
Unter ihrer Führung soll der BDZV sich weiter öffnen – auch für Anbieter außerhalb der bisherigen Verlagswelt:
„Wir müssen bestimmt noch herausfinden, wie wir das optimal umsetzen können, sodass eben auch für digitale Publisher außerhalb etablierter Verlage der Nutzen erkennbar wird.“
Für junge und digitale Medienhäuser hätte der BDZV an Attraktivität gewinnen können, hätte er sie und ihre Interessen bei den Verhandlungen für eine Presseförderung beachtet. Die Medienmanagerin, die in ihrer früheren Rolle als Geschäftsführerin eines Regionalhauses auch in Start-ups investierte, sieht diese aber zuerst in der Pflicht:
„Je mehr digitale Mitglieder wir haben, desto mehr können ihre Bedürfnisse auch berücksichtigt werden. Unsere Mitglieder prägen, wofür sich der Verband einsetzt.“
Daher bleibt es bei den Forderungen nach einer Zustellförderung für gedruckte Produkte. Nachdem das 220 Millionen Euro schwere Förderpaket (für fünf Jahre) in der vergangenen Legislatur scheiterte, wagt man einen neuen Anlauf – und spielt schon mal mit großen Summen. Steigende Zustell- und Lohnkosten rissen ein großes Loch in die Finanzen der Verlage:
„Wir kommen auf Deckungslücke von über 600 Millionen Euro, die es auszugleichen gilt.“
Wir haben über die einzelnen, angesprochenen Punkte intensiver gesprochen – und natürlich auch über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Das gesamte Interview kannst du als Medieninsider hier lesen.
Für Unternehmenskunden gibt es übrigens besondere Mitgliedschaften. Weitere Informationen findest du hier. Möchtest du das Interview innerhalb deiner Organisation weiterverbreiten oder in den Pressespiegel aufnahmen, setz dich doch gerne mit meinem Kollegen Matthias in Verbindung.
„Ich bin nicht die Person für Machtspielchen“
Foto: Jacobia Dahm
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Bei der Welt ist man heftige Debatten und Shitstorms gewohnt, die Empörung gehört irgendwie zum Geschäftsmodell. Bei der Welt ist man es aber auch gewohnt, dass die Truppen geschlossen stehen. Je größer und härter die Kritik von außen, desto mehr rückt man intern zusammen. Selbstkritik wird, wenn überhaupt, in den eigenen Reihen geäußert. Ansonsten wird geschwiegen.
Das scheint sich seit geraumer Zeit zu ändern. Bei der Welt bröckelt das „Wir“-Gefühl.
Das wird derzeit an besonderen Personalien deutlich: Ausgerechnet in der Wissen-Redaktion kommt es nun zu gleich drei Abgängen:
► Birgit Herden, studierte Biochemikerin und seit 2018 Redakteurin bei der Welt.
► Michael Brendler, studierter Mediziner und seit 2020 Redakteur bei der Welt.
► Pia Heinemann, studierte Biologin, seit 2018 Ressortleiterin. Sie kam vor 15 Jahren zur Welt-Gruppe.
Nachdem Medieninsider zu Beginn dieser Woche über den außergewöhnlichen Vorgang berichtet hatte, äußerte sich Ulf Poschardt in der Redaktionskonferenz. Die Abgänge seien „schmerzhafte Verluste“, die er „zutiefst bedauert“. Dabei ist der Chefredakteur an der Entwicklung nicht unschuldig. Die Hintergründe kannst du als Medieninsider hier lesen.
Wissenslücke bei der Welt
News und Entdeckungen der Woche
zusammengetragen von Kevin Dusch
Rundfunkanstalten nehmen 2021 308 Millionen Euro mehr ein
Die Rundfunkanstalten haben vergangenes Jahr 8,42 Milliarden Euro aus den Rundfunkbeiträgen eingenommen. Das entspricht einem Plus von 3,8 Prozent beziehungsweise rund 308 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr. Wesentlicher Treiber des Anstiegs ist die Erhöhung des Rundfunkbetrags von monatlich 17,50 Euro auf 18,36 Euro, die im August in Kraft trat. Mit 8,26 Milliarden Euro floss ein Großteil der Einnahmen zu ARD, ZDF und Deutschlandradio, der Rest an beispielsweise Landesmedienanstalten. Die Möglichkeit der Beitragsfreistellung für Betriebsstätten im Zuge des Corona-Lockdowns minderte den Zuwachs. 28.816 Betriebsstätten machten davon Gebrauch. Die Zahl der aus sozialen Gründen vom Beitrag befreiten Personen sank dagegen von 2,63 Millionen im Vorjahr auf 2,49 Millionen. Die Pressemitteilung des Beitragsservices findest du hier.
DuMont steigert Ergebnis, Umsatz sinkt
DuMont-Chef Christoph Bauer hat im Interview mit der dpa ein Ebitda-Plus des Medienkonzerns von rund elf Prozent für das Jahr 2021 mitgeteilt. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern habe bei 65,7 Millionen Euro gelegen (Vorjahr: 60 Millionen Euro). Der Gruppenumsatz sei mit 428 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr „auf vergleichbarer Basis“ um 2,3 Prozent gestiegen. Diese Formulierung steht für bereinigte Zahlen, beispielsweise um Konsolidierungen und Verkäufe. Unbereinigt ging der Umsatz 2021 von 463 Millionen Euro im Vorjahr um rund acht Prozent zurück. 53 Prozent des Umsatzes kommen laut Christoph Bauer aus dem Digitalgeschäft, größter Umsatzbringer sei das Geschäftsfeld Kölner Stadt-Anzeiger Medien (unter anderem Kölner Stadt-Anzeiger und Express). Eine Meldung von New Business zum Thema findest du hier.
Corint Media aktiviert Schiedsstelle gegen Microsoft
Die Verwertungsgesellschaft Corint Media ruft im Streit mit Microsoft über Lizenzgebühren das Bundeskartellamt an. Eine nach der Urheberrechtsreform 2021 eingerichtete Schiedsstelle soll zwischen den Parteien vermitteln. Corint forderte laut Nachrichtenagentur epd zuletzt jährlich 20 Millionen Euro von Microsoft, der Tech-Konzern bot hingegen 700.000 Euro an. Grundlage für den Streit ist das Presseleistungsschutzrecht. Das sieht eine Vergütung für das Ausspielen von Presse-Inhalten auf anderen Plattformen vor, beispielsweise in Suchmaschinen oder sozialen Netzwerken. Corint vertritt in diesem Zusammenhang eine Reihe von Verlagen und streitet auch mit Google und Facebook. Eine Meldung von der FAZ findest du hier.
Kartellamt startet Untersuchung gegen Apple
Das Bundeskartellamt hat eine Untersuchung gegen Apple gestartet. Die Behörde geht dem Anfangsverdacht der Wettbewerbsbehinderung nach. Kern der Ermittlungen ist das im April gestartete App-Tracking ATT von Apple, durch das Nutzer selbst entscheiden können, ob Apps Daten über sie sammeln dürfen. Das Kartellamt vermutet, dass der Konzern eigene Angebote bevorzugt oder andere Unternehmen behindert. Apple hat angekündigt, mit dem Bundeskartellamt zusammenzuarbeiten. Eine Meldung dazu von der Tagesschau findest du hier.
EU-Richtlinie: Tech-Konzerne sollen gegen Deep-Fakes vorgehen
Die Europäische Komission will Tech-Konzerne dazu verpflichten, gegen Deep-Fakes und Fake-Accounts vorzugehen, wie Reuters unter Berufung auf ein internes Dokument berichtet. Die Maßnahme wäre eine Erweiterung der EU-Richtlinie von 2018, nach der Plattformen gegen Desinformation vorgehen müssen. Die aktualisierte Variante könnte laut Reuters noch diese Woche öffentlich gemacht und in die Richtlinien des Digital Services Act (DSA) eingeflochten werden. Allerdings handelt es sich bei der Neuregelung um ein sogenanntes Ko-Regulierungssystem – die Verantwortung für die Einhaltung liegt also sowohl bei den Tech-Konzernen als auch bei der EU selbst. Unternehmen, die ab dann nicht gegen Deep-Fakes und Fake-Accounts vorgehen, müssen mit Strafen von bis zu sechs Prozent ihres weltweiten Umsatzes rechnen. Die Meldung von Reuters findest du hier.
Telegram kündigt Premium-Funktionen an
Der Messenger-Dienst Telegram hat noch für diesen Monat eine Premium-Version der App angekündigt. Welche Vorteile zahlende Nutzer bekommen sollen, war zunächst nicht bekannt. Spekuliert wird über die Möglichkeit des Uploads größerer Dateien, Premium-Sticker, Sprach-Text-Konvertierungen, zusätzliche Gruppen-Manager-Funktionen und andere Features. Der geplante Preis ist bislang ebenfalls nicht bekannt, könnte Spekulationen zufolge bei 4,99 US-Dollar monatlich liegen. Eine Meldung von TechCrunch zum Thema findest du hier.
53 Prozent der globalen Werbeausgaben entfallen auf fünf Unternehmen
53 Prozent der weltweiten Werbeausgaben im Jahr 2021 entfielen laut dem Agenturnetzwerk GroupM auf nur fünf Tech-Konzerne: Amazon, Bytedance (TikTok), Alibaba und allen voran Meta und Google. 2020 waren es noch 46 Prozent. Knapp drei Viertel der Werbeausgaben entfielen auf nur 25 Unternehmen – sechs Prozentpunkte mehr als 2020 (damals: 68 Prozent). GroupM prognostiziert ein Wachstum von 8,4 Prozent auf dem globalen Werbemarkt im laufenden Jahr. Eine Meldung von Axios zum Thema findest du hier.
Neues von den MEDIENTAGEN MÜNCHEN
Die großen Marken passen unter Wettbewerbsdruck ihre Plattformen und Angebote an, die Werbefinanzierung wird angeschoben und die Handelnden im Segment werden positioniert. Zum Blogbeitrag
Mit der zum Juni veröffentlichten ma 2022 IP Audio II wird erneut belegt, dass die Online-Audio-Nutzung weiter zunimmt. Zum Blogbeitrag
Warum Content womöglich nicht mehr allein King ist, wie sich die hybride Lebensweise der Menschen auf den TV-Konsum auswirkt und welche Rolle die Big Player im Markt spielen. Zum Podcast
Aus dem Personalticker
► Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Haseloff geht in den ZDF-Verwaltungsrat► Handelsblatt macht Ina Karabasz zur Leiterin des neuen Ressorts Live, Podcast und Video► Kara Swisher geht von New York Times zurück zu Vox Media
Mehr Personalien findest du hier und bei Twitter unter @medienjobboerse
Community
Directors’ Club Q&As:
► 29. Juni 2022, 15 Uhr – Q&A mit Ellen Heinrichs, Gründerin Bonn Institute, Thema: Konstruktiver Journalismus (Video-Call)
► 29. Juli 2022, 17 Uhr – Q&A mit Paul Ostwald, Gründer Forum.eu, Thema: Gründertum im Journalismus (Video-Call)
Mit dabei sein kannst du nur als Medieninsider mit Director-Mitgliedschaft. Mehr Informationen findest du hier.
Lesetipp
von Kevin Dusch
Bei Online-News zählt vor allem Schnelligkeit. Dafür braucht es nicht nur gute Journalisten, sondern auch die passende digitale Infrastruktur. Manche – besonders kleinere – Publisher stehen hier vor einem Problem: Sie arbeiten seit Jahren auf dem gleichen System und scheuen den Umstieg auf ein neues CMS. Die Herausforderung des Umbaus erscheint schlicht zu groß und zu schwierig umsetzbar im laufenden Betrieb. In einer Studie der Local Media Association haben vier lokale US-Zeitungen diesen Schritt trotzdem gemacht.
The Atlanta Voice, New York Amsterdam News, das Houston Defender Network und The Washington Informer wurden für die Untersuchung mit dem CMS Newspack ausgestattet und beim Umbau begleitet. Drei Kernvorteile nach dem Umbau fassen die Autoren der Studie zusammen:
► Bessere Performance: Die Seitenladezeiten der Publisher gingen zwischen 82 und 3.000 Prozent hoch. Leser springen seltener ab.
► Intuitive Bedienung: Die Redakteure der Zeitung verlieren weniger Zeit beim Erstellen ihrer Beiträge und können sich besser auf die Inhalte konzentrieren.
► Leichtere Vermarktung: Durch eine flexiblere, moderne CMS-Lösung können Drittanbieter-Inhalte leichter eingefügt werden und die Vermarktung effizienter gestaltet werden.
Das Beispiel dieser vier Zeitungen berücksichtigt eines nicht: den Kostenfaktor. Der Umbau wurde den Publishern für diese Studie gesponsert – im Schnitt erhielten die Zeitungen jeweils 20.000 US-Dollar und finanzierten damit die Transformation. The Atlanta Voice und New York Amsterdam News erhielten zusammen weitere 60.000 US-Dollar Förderung, aus denen sie das Projekt finanzierten.
Der Versuch zeigt dennoch, dass der Umbau des CMS auch während des laufenden Betriebs gelingen kann und das Ergebnis gleichermaßen für Mitarbeiter, Leser und Werbepartner attraktiv ist. Die ganze Studie der Local Media Association findest du hier.
Viele Grüße sendet dir
Marvin
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