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Lese-Letter-KW37
Hey *|FNAME|*! Was hältst du vom Versteckspiel bei RTL?
Dein Lese-Letter zur Wochenmitte
Hallo !
Im Lese-Letter dieser Woche erwarten dich folgende Themen:
► Während es in Berlin „Hau den Reichelt“ heißt, wird bei RTL in Köln verstecken gespielt
► Digital-Abos: El País nimmt schon fast ein Viertel des spanischen Markts ein
► Transformation ist kein Nebenjob: Welche Fehler Verlage im Personalmanagement machen
Wir starten in den Newsletter dieser Woche kommentierend:
Die derzeitige Empörung über die Solingen-Berichterstattung und die Veröffentlichung von privaten WhatsApp-Nachrichten schutzbedürftiger Kinder wird vor allem über Bild und Axel Springer ausgeschüttet. Sie trifft keinesfalls die Falschen. Sie trifft aber auch nicht alle, die sie verdient haben: die Verantwortlichen von RTL.
Während in Berlin „Hau den Reichelt“ angesagt ist, spielt man in Köln Verstecken. Weder RTL-Chefredakteur Michael Wulf noch Tanit Koch, Chefredakteurin der senderübergreifenden Zentralredaktion, haben sich öffentlich zur Kritik geäußert. Man lässt die Sprecher machen.
In der Unternehmenskommunikation scheint man um Krisen-PR zudem nicht großartig bemüht. Man bedaure, die WhatsApp-Nachrichten zitiert zu haben, heißt es auf Nachfrage. Noch am Freitag habe man das korrigiert. Diese Aussage war noch nicht einmal richtig. Am Montag waren Chat und Freund des Betroffenen noch immer in der Mediathek zu sehen, erst nach Anfrage von Medieninsider wurde der Beitrag entfernt. Empörung über das Verhalten von RTL blieb weitgehend aus.
Es mag kommunikativ geschickt sein, sich zurückzuhalten, wenn jemand anderes für dieselben Verfehlungen zur Rechenschaft gezogen wird. Von Führungskompetenz und Verantwortung zeugt das nicht.
Julian Reichelt – das muss man ihm lassen bei aller Verweigerung, einen Fehler einzugestehen – geht in den öffentlichen Schlagabtausch. Er riskiert dabei, mehr zu verlieren als zu gewinnen (hier ein Versuch im Deutschlandfunk, hier der Faktencheck des Bildblog dazu). Über den Shitstorm und dessen Verlauf darf man sich bei Bild aber nicht wundern – und auch die bisherige Analyse Reichelts, das Ausmaß liege in über Jahrzehnte gewachsenem Hass gegenüber Bild, ist zu billig (Medieninsider berichtete).
Allein in den vergangenen vier Monaten hat Reichelt die Empörung über Bild durch eigenes Fehlverhalten befeuert – und damit nicht nur sich und sein Medium in Bedrängnis gebracht, sondern auch den ganzen Springer-Konzern.
Mit der Berichterstattung über den Virologen Christian Drosten im Mai löste Reichelt eine so große Wutwelle aus, dass sich Vorstandschef Mathias Döpfner öffentlich einschaltete. Im Podcast mit Julian Reichelt stellte er fest: Die Wut über Bild habe eine „neue Qualität“ erreicht. „Mitarbeiter sind verunsichert, werden von ihren Freunden und Bekannten kritisiert, dass sie überhaupt für so ein Haus arbeiten, das Bild herausgibt.“
Im August der nächste Eklat: Nach Berichterstattung über ein Start-up war die Empörung über eine Überschrift groß, die als rassistisch interpretiert worden war. Die Start-up-Lobby, allen voran ihr Präsident Christian Miele, lief Sturm. Reichelt reagierte, der Vorstand intervenierte. Bei einem Treffen sollen die Wogen nun geglättet werden. Es geht um mehr als Persönliches. Im Werbemarkt ist die Start-up-Industrie längst eine relevante Größe und auch politisch gibt es gemeinsame Interessen.
Und auch am aktuellen Fall der Solingen-Berichterstattung hängen mehr als Reichelts Ruf oder der seiner Redaktion. Das Herz für Kinder hat am Wochenende nicht aufgehört zu schlagen, es hatte aber kritische Aussetzer. Die über Jahrzehnte gewachsene Charity-Marke ist nicht nur für Bild von Bedeutung, sondern ebenfalls für den ganzen Konzern.
Verleger Axel Springer bezeichnete Bild mal als seinen „Kettenhund“. Mathias Döpfner und Julian Reichelt machen ihn gerade wieder scharf. Sie riskieren dabei, selbst gebissen zu werden. Das hält der eine besser aus als der andere – aber auch die dickste Haut ist irgendwann mal durch.
Autor: Marvin Schade
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