Lese-Letter 44/2023

Plattformen und Publisher, TikTok-Charts, Louis Klamroth, Hart aber fair, Metriken im Journalismus

Hallo !

Schön, dass du dabei bist! Was dich in dieser Woche unter anderem im Lese-Letter erwartet:

► Wie die sozialen Netzwerke Publisher zum Umdenken zwingen

Simon Pycha zeichnet in den TikTok-Charts nach, wie Publisher auf der Plattform um Reichweite kämpfen (direkt zum Artikel)

Louis Klamroth hat für Hart aber fair ambitionierte Zielvorgaben – erreicht er sie nicht, könnte der den ARD-Talk vorzeitig verlieren, wie Volker Nünning berichtet (direkt zum Artikel)

Alexandra Borchardt benennt fünf Grundsätze für ordentliche Redaktionsmetriken (direkt zum Artikel)

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2023 wird das Jahr, in dem soziale Netzwerke und Plattformen noch weiter vom Journalismus abgerückt sind – sofern sie Publishern überhaupt mal zugewandt waren.

Die Unternehmensberaterin Franziska Bluhm hat die aktuellen Entwicklungen kürzlich bei Linkedin zusammengefasst:

► So sinke beim Karrierenetzwerk selbst seit Monaten die Reichweite von Beiträgen, die großflächig externe Verlinkungen beinhalten – offenbar um zu verhindern, dass Nutzer die Plattform verlassen.

► Auch Elon Musk trägt seinen Teil dazu bei, Twitter für Medien noch irrelevanter zu machen. Seit einigen Wochen werden Linkposts mit veränderter Klickfläche angezeigt – Headlines sind verschwunden, die Domain des Absenders ist kaum noch sichtbar in die Ecke gerutscht.

► Instagram hat vor zwei Jahren zwar die Verlinkungen in den Storys für alle Nutzer ausgerollt, allerdings hat sich seither kaum etwas getan. Bei Feed-Posts und – wichtiger – Reels gibt es weiterhin keine Möglichkeit.

► Bei Google gilt: Die Verlinkung auf externe Quellen lässt sich nicht abschaffen, wohl aber die Ausspielung von mehr und mehr Inhalten direkt in den Suchergebnissen fördern.

Bluhms Auflistung lässt sich noch ergänzen:

► So macht Google Publishern nicht nur in den Suchergebnissen Konkurrenz, sondern erschwert auch die Aussteuerung der Inhalte für die Suchmaschine. Der Schlagzahl der Algorithmusänderungen kommen Publisher kaum noch hinterher und das für die Reichweite wichtige Angebot Google Discover ist noch immer eine Blackbox.

► Und auch Facebook verliert das Interesse an Publishern und damit für Medienangebote an Attraktivität: Die Plattform, die Link- und Publisherposts in den vergangenen Jahren ohnehin herunterpriorisiert hat, stellt im Dezember sein News-Angebot ein. Die Teams für Partnerschaften mit News-Medien sind längst zurückgestutzt worden.  

Auch wenn die stetigen Veränderungen der Algorithmen nicht nur Publisher betreffen, so treffen sie sie aber besonders hart. Für sie geht es nicht nur um Markenpräsenz, sondern sind sie darauf angewiesen, dass Plattformen und Netzwerke Traffic weiterleiten – und sie wären schlecht darin beraten, den Plattformen zu folgen und ihre Inhalte dorthin auszulagern.

Die Entwicklungen führen dazu, dass Publisher ihre Aktivitäten auf externen Plattformen zu hinterfragen beginnen. Hier offenbar weit vorne: Bild.

Nachdem Springers Boulevardtitel wegen interner Verwerfungen bereits vor einigen Monaten Änderungen in der Struktur des Social-Media-Teams vorgenommen hat, wurde nun nachgeschärft – und das Ressort in bisheriger Form endgültig abgeschafft.

Nach Infos von Medieninsider arbeitet das bisherige Team nun größtenteils aus dem Video-Ressort und Newsroom heraus. Zuvor wurden die bisherigen Aktivitäten auf den Prüfstand gestellt. Das Ergebnis: Plattformen wie Twitch und perspektivisch auch Snapchat sollen weniger bis gar nicht mehr bespielt werden. Darüber hinaus soll bei Video-Inhalten verstärkt auf die Zweitverwertung bestehender Inhalte geachtet und diese nicht mehr aufwendig für die Plattformen angefertigt oder bearbeitet werden. Ein Sprecher: „Unsere Aktivitäten auf verschiedenen Plattformen bewerten wir immer wieder neu.“

In den Fokus rücken Kanäle, die Traffic für Bild.de in Aussicht stellen. So hat der Boulevardtitel wie viele andere Publisher einen Broadcast-Channel bei WhatsApp gestartet. Mit dem Angebot ist der Messengerdienst, der wie Facebook und Instagram wie Meta gehört, eine Ausnahme unter den Plattformen, die Wege nach außen dicht machen.

Bild ist mit Strategien wie diesen kein Einzelfall. Vor allem Plattformen, die Medien keine unmittelbaren Reichweiten- oder Monetarisierungsmöglichkeiten bieten, werden zunehmend hinterfragt. Ein weiteres Beispiel dafür: TikTok.

Mein Kollege Simon Pycha beschrieb zuletzt, wie vor allem private Medienhäuser ihre Aktivitäten auf der beliebten Video-App zurückgefahren oder sogar eingestellt haben – und wer noch da ist, kämpft derzeit um die bislang attraktiven Reichweiten. Simons Analysen der vergangenen Monate zeigen: Die viralen Hits holen wieder weniger Views. Erzielten die erfolgreichsten Videos der von Medieninsider ausgemachten Top-10-Publisher im August zusammen noch 25,5 Millionen Abrufe, waren es im Oktober nur 17,6 Millionen – fast ein Drittel weniger. Mehr darüber, wie auch über die Performance einzelner Publisher im Oktober, findest du in Simons aktueller Analyse.

Das Publisher-Ranking zeigt, mit welchen Themen digitale Journalismusmarken im Oktober auf TikTok erfolgreich waren und wie sich Publisher auf der Plattform entwickeln. Der erste Platz des aktuellen Rankings macht den Hattrick voll: Inhalte von Susanne Daubner auf öffentlich-rechtlichen Kanälen führen zum dritten Monatssieg. Darüber hinaus brisant: Viele Publisher kämpfen gegen sinkende Reichweiten. Welche Accounts betroffen sind: 

Die ARD setzt ausgerechnet bei ihrem traditionsreichsten Talk im Ersten auf Revolution. Mit Moderator Louis Klamroth soll sich das über 20 Jahre alte Format verjüngen. Der Druck auf die Nachwuchshoffnung wird ab dem kommenden Jahr noch größer. Erreicht Klamroth gewisse Zielvorgaben nicht, könnte das sogar den vorzeitigen Verlust des Produktionsauftrags bedeuten. Und das ist nicht die einzige Besonderheit, die Klamroths Deal von denen der anderen Talkgrößen unterscheidet.

Ohne Datenanalyse lässt sich das digitale Geschäft kaum skalieren. Doch welche Metriken eignen sich, um Redaktionen effizienter zu machen und wie lassen sie sich finden? Alexandra Borchardt leitet aus Erfahrungsberichten internationaler Redaktionen fünf Grundsätze ab, die man beachten sollte.

Medieninsider

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News

► Der MDR will ab 2024 die Regionalnachrichten der Radiosender in Sachsen-Anhalt zentralisieren und damit 1,1 Millionen Euro sparen (mehr erfahren)

► Die Berliner Staatsanwaltschaft hat das Betrugsverfahren gegen Julian Reichelt eingestellt – sein Ex-Arbeitgeber Springer hatte ihm darin vorgeworfen, interne Dokumente weitergegeben zu haben (mehr erfahren)

► Laut der Süddeutschen Zeitung plant Israel eine zeitweise Sperre von Al Jazeera wegen pro-palästinensischer Hetze gegen Israel (mehr erfahren)

► Das Amtsgericht Berlin-Mitte hat bestätigt, dass Gesundheitsminister Karl Lauterbach auf X Journalisten blockieren darf, so wie er es mit dem klagenden schweizer Journalisten getan hatte – der Account sei keine „virtuelle öffentliche Einrichtung“ (mehr erfahren)

► Die Medienanstalten haben auf X, Facebook, Youtube und TikTok 160 Verstöße gegen deutsches Recht in Zusammenhang mit Beiträgen zum Nahost-Konflikt festgestellt – 70 Prozent der Verstöße stammen demnach von X (mehr erfahren)

► Der Messenger-Dienst Telegram hat den Zugang zu mehreren Pro-Hamas-Kanälen gesperrt, aus denen sich viele umlaufende Falschinformationen gespeist hatten, darunter zwei Accounts mit zusammen 1,2 Millionen Followern (mehr erfahren)

► Metas X-Konkurrent Threads zählt laut Mark Zuckerberg inzwischen 100 Millionen monatliche Nutzer – die Anwendung war im Juli an den Start gegangen (mehr erfahren)

► Meta führt die angekündigten Abos für Facebook und Instagram ein, für 9,99 Euro im Monat können Nutzer die Plattformen frei von Anzeigen nutzen – ab April 2024 kostet das Abo zusätzliche sechs Euro für jeden weiteren Account (mehr erfahren)

Entdeckungen:

Julius Geiler beschreibt im Tagesspiegel, wie Verleger Holger Friedrich in der Berliner Zeitung für eine Distanzierung von Thilo Mischke gesorgt hat, nachdem dessen Kolumne von Verschwörungstheoretiker Dieter Dehm kritisiert worden war (mehr erfahren)

Andreas Rickmann zeigt in seinem Newsletter Social Media Best Practice sechs Beispiele, wie Publisher Broadcast-Listen bei WhatsApp einsetzen (mehr erfahren

Tobias Gürtler resümiert in der Wirtschaftswoche die Entwicklung von X seit der Übernahme von Elon Musk anhand von fünf Grafiken und zeigt dabei unter anderem sinkende Umsatz- und Nutzerzahlen (mehr erfahren)

► Das ZDF hat neun Grundsätze zum Umgang mit KI aufgestellt – unter anderem sollen mit ihrer Hilfe erstellte Inhalte immer von Redakteuren überprüft werden und kenntlich gemacht werden (mehr erfahren)

Tibor Martini listet in seinem Blog auf, wie unterschiedliche Medien den Umgang mit KI regulieren und sich zur Nutzung positionieren (mehr erfahren). Außerdem stellt er ein Tool vor, mit dem Nutzer des X-Konkurrenten Bluesky interessante Accounts finden können (mehr erfahren)

Brian Stelter beschreibt im Hollywood Reporter am Beispiel von CNN-Reporterin Clarissa Ward die schwierige Gratwanderung von Kriegsberichterstattern, denen von beiden Konfliktparteien und deren Anhängern stets falsche Berichterstattung unterstellt wird (mehr erfahren)

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Viele Grüße sendet dir

Marvin

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