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Lese-Letter 31/2023
RFI, MABB, Diversität, Reichelt, Friedrich, ARD, Kartellrecht, TikTok-Charts
Hallo !
Schön, dass du dabei bist! Was dich in dieser Woche unter anderem im Lese-Letter erwartet:
► Der französische Sender Radio France Internationale darf nach abgelaufener Frist weitersenden – und muss trotzdem noch um seine Existenz bangen
► Alexandra Borchardt befasst sich in ihrer Kolumne mit den Rufen nach mehr Vielfalt im Journalismus und beleuchtet dabei näher, worum es den Kritikern eigentlich geht (direkt zum Artikel)
► Auch wenn die Bundespolitik für Reformen bei ARD und ZDF nicht zuständig ist, könnte sie den öffentlich-rechtlichen Anstalten beim Sparen helfen (direkt zum Artikel)
► Das Urteil des Landgerichts Berlin im Fall Julian Reichelt vs. Holger Friedrich hat fatale Folgen für den Informantenschutz und damit für den Journalismus, erklärt Karina Hesse (direkt zum Artikel)
► Die erfolgreichsten Publisher-Videos auf TikTok kamen im Juli mal nicht von den öffentlich-rechtlichen Anstalten, sondern von privaten Medien, die sich weiterhin mit der Videoplattform schwer tun, analysiert Simon Pycha (direkt zum Artikel)
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Vor einigen Wochen haben wir bei Medieninsider darüber berichtet, dass Radio France Internationale (RFI) zum 1. Juli über UKW in Berlin verstummen könnte. Dazu gibt es nun zwei News. Die erste: RFI sendet auch einen Monat später noch. Die zweite: Es ist weiterhin unklar, ob das langfristig so bleibt.
Der Grund: die Bürokratie. Die für die Lizenzvergabe zuständige Landesmedienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) hat es nicht geschafft, rechtzeitig bis zum 30. Juni über die Neuvergabe der UKW-Frequenz 96,7 MHz zu entscheiden. Die Folge: Die MABB duldet die Ausstrahlung des französischen Senders jetzt nur noch.
Die Macher des französischen Programms, das seit bald 30 Jahren in Berlin auch über die deutsch-französischen Beziehungen berichtet, haben also noch keine Gewissheit darüber, wie es weitergeht. Und die MABB lässt sich Zeit.
Gegenüber Medieninsider teilt sie mit: RFI dürfe bis Ende dieses Jahres weiter senden, damit die Frequenz nicht brach liege. Die verlängerte Frist sei aber kein Präjudiz für die endgültige Entscheidung. Der Zusatz ist wichtig, weil auch vier weitere Sender auf die Frequenz hoffen. Neben RFI haben sich der Musiksender Big FM, Radio Orient, Jam FM Türk und Artbeat Berlin FM (BB Radio) beworben.
Dass es mit einer zeitigen Entscheidung nichts wird, war für die Beteiligten offenbar früh abzusehen. Denn die nicht-öffentliche Anhörung mit den fünf Bewerben im MABB-Medienrat, der über die Frequenzvergabe entscheidet, fand erst am 4. Juli statt. Sie präsentierten ihre Programmpläne also erst, nachdem die Frequenz offiziell abgelaufen war. Und jetzt ist auch bei der MABB wohl erst einmal Sommerpause. Die nächste Sitzung des neunköpfigen Medienrats, in dem unter anderem der frühere brandenburgische Staatskanzleichef Martin Gorholt (SPD) und Netzpolitik.org-Gründer Markus Beckedahl sitzen, ist für den 19. September angesetzt. Ausgang offen.
Die Neuvergabe einer Frequenz ist eigentlich eine Routinesache. Die MABB hatte im Jahr 2016 beschlossen, dass RFI die UKW-Frequenz 96,7 MHz bis zum 30. Juni 2023 nutzen darf. Im Februar schrieb die Aufsichtsbehörde dann die Frequenz für den neuen Turnus öffentlich aus. Normalerweise passiert dabei: nichts. Dass die Causa RFI nun für Wirbel sorgt, hat auch mit den Umständen der Finanzierung des Programms zu tun. Die erfolgt nun aus der französischen Mehrwertsteuer und nicht mehr aus der Rundfunkgebühr, die 2022 abgeschafft wurde.
Weil die MABB intern nun diskutiert, ob RFI durch eine solche Steuerfinanzierung noch unabhängig von französischen Staat ist, hat sich der Vorgang zum Politikum entwickelt, der auch die deutsch-französischen Beziehungen belasten könnte. Mehr darüber – und was das alles mit dem Sender RT Deutsch zu tun hat – kannst du in unserem Artikel vom vergangenen April nachlesen.
Die Debatte über Diversität im Journalismus hält an. Es sind vor allem zwei Lager, die mehr Vielfalt fordern – und doch meinen sie jeweils etwas anderes, beobachtet Alexandra Borchardt. In ihrer Kolumne beschreibt sie, wie es den Kritikern eigentlich nur darum geht, die eigene Weltanschauung in den Medien zu stärken.
Am 14. September findet das alljährliche scoopcamp erneut in Hamburg statt. In spannenden Panels & Keynotes teilen Top-Speaker*innen, wie Mathias Douchet (The Telegraph) und Nashua Gallagher (NZZ), ihre Insights zu den wichtigsten Zukunftsthemen des Journalismus: Welchen Einfluss hat KI und wie sehen zukunftsfähige Finanzierungsmodelle aus? Sei dabei und sichere dir dein Ticket!
Regelmäßig werden Rufe nach Sparmaßnahmen bei ARD und ZDF auch aus der Bundespolitik laut, obwohl sie für die Ausgestaltung des öffentlich-rechtlichen Mediensystems gar nicht verantwortlich ist. Trotzdem könnte der Bund helfen. Wirtschaftsminister Robert Habeck müsste nur das Kartellrecht lockern.
Das Landgericht Berlin entscheidet, dass Verleger Holger Friedrich weiterhin öffentlich darüber sprechen darf, dass und mit welchen sensiblen Informationen sich Julian Reichelt an ihn wandte. Es ist ein Urteil, wie es nur Theoretiker fällen können – mit verheerenden Folgen für den Journalismus, wie Medienrechtsexpertin Karina Hesse analysiert.
Das Publisher-Ranking für Juli zeigt, mit welchen Themen digitale Journalismusmarken auf TikTok erfolgreich sind. Zum zweiten Mal besteht das Ranking erneut ausschließlich aus Millionenreichweiten. Eine Überraschung: Auf den ersten drei Plätzen ist dieses Mal kein öffentlich-rechtlicher Kanal vertreten. Eine weitere Beobachtung: Das Nachrichtenportal Nius wurde auf TikTok gesperrt. Diese und weitere Details findest du in der Analyse von Simon Pycha.
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Volker
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