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Lese-Letter 29/2023
Media Pioneer, Gabor Steingart, Michael Bröcker, Politico, Paid-Content-IVW, Dark Patterns
Hallo !
Schön, dass du dabei bist! Was dich in dieser Woche unter anderem im Lese-Letter erwartet:
► Captain Gabor steuert The Pioneer durch unruhige Gewässer
► Michael Bröcker geht bei Media Pioneer von Bord – weshalb die Chefredaktion vor der Auflösung steht (direkt zum Artikel)
► Kevin Dusch analysiert die Paid-Content-IVW und stellt fest: Welt wächst trotz Erfolge bei Rammstein-Recherchen nur schwach, Rheinische Post und FAZ profitieren von Sonderaktionen (direkt zum Artikel)
► Brian Morrissey beschreibt den Kampf gegen Dark Patterns in den USA – und was das für die Medienbranche bedeuten könnte (direkt zum Artikel)
► Was funktioniert noch auf Social Media? Andreas Rickmann gibt im Q&A nächste Woche Antworten (direkt zur Anmeldung)
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Die Pioneer-Flotte erleidet keinen Schiffbruch. Captain Gabors Kahn schaukelt aber durch unruhige See.
Am Donnerstag saß der Gründer und Herausgeber von Media Pioneer, dem Unternehmen hinter der Medienmarke The Pioneer, gemeinsam mit seinem CEO Ingo Rieper vor der Belegschaft, um Rede und Antwort zu stehen. Es ging um die aktuellen Entwicklungen im Unternehmen sowie um den Start von Politico Deutschland – und damit um Steingart selbst. Medieninsider hatte zuvor berichtet, dass er bei den Launchvorbereitungen des Springer-Projekts mitmischt.
So etwas wirft Fragen auf und Steingart nutzte sie offenbar, um vor seinen eigenen Leuten noch einmal seine Bedeutung deutlich zu machen. Er habe zu verstehen gegeben, beim Politico-Start eine entscheidende Rolle zu spielen, berichten Teilnehmer. Nicht operativ, aber beispielsweise bei der Auswahl des Führungspersonals. Steingart sei dabei, eine Shortlist zu erstellen und nehme „Bewerbungen entgegen“.
Dieses Engagement ist nicht nur bemerkenswert, weil sich Springer vermutlich selbst bestens auskennen dürfte, sondern auch weil Steingart bald selbst neues Führungspersonal benötigt. Was er beim Team-Meeting mit der Pioneer-Crew am Donnerstag nämlich nicht erwähnte: Auch sie braucht einen neuen Chefredakteur.
Dass Gründungschefredakteur Michael Bröcker von Bord geht, erfuhr die Belegschaft schließlich einen Tag später ebenfalls durch Medieninsider oder eine zeitgleich verschickte Pressemitteilung, mit der The Pioneer auf unsere Anfrage reagierte. Intern wurde die Mitteilung in einem Team-Chat geteilt mit der knappen Bemerkung, man wolle über „eine wichtige Veränderung in der Chefredaktion informieren“. Die Reaktionen waren entsprechend:
„Kommunikation on point“
„Nach dem gestrigen All Hands Meeting kommt das echt uncool.“
Den Abschied von einem „Pfeiler der Gründungsgeschichte von The Pioneer“ (O-Ton Rieper) auf diese Weise zu kommunizieren, sei „höchst problematisch“.
Chefredakteur Bröcker beteuerte, ihm seien durch Informationspflichten „die Hände gebunden“ gewesen. Er schrieb:
„Ich bin auch Gesellschafter dieses Unternehmens, ich hoffe, ihr versteht das.“
Angesichts der Tatsache, dass der Chefredakteur bereits im Juni gekündigt hat, dürfte man das intern wie extern nur bedingt verstehen – wie so vieles, das derzeit rund um Media Pioneer und Politico geschieht.
Am Freitag folgte eine weitere Pressemitteilung, dieses Mal seitens Springer. Der Konzern bestätigte damit den Start eines deutschsprachigen Politicos und auch, dass Media Pioneer mit drin hängt. Springer hält an Steingarts Start-up bekanntlich eine Minderheitsbeteiligung. Der Rest der Mitteilung liest sich wie eine überstürzte Kommunikation. Einerseits hieß es:
„Redaktionell bleiben beide Marken vollständig getrennt.“
Andererseits:
„Die Vereinbarung zwischen Politico und Media Pioneer umfasst die inhaltliche Zusammenarbeit (...).“
Was die Pressemitteilung nicht beinhaltete: Wer Politico Deutschland führen soll. Und auch wenn Steingart noch immer castet (vielleicht aus Eigeninteressen), steht der Wunschkandidat von Politico – wie Medieninsider ebenfalls bereits wissen – nicht nur längst fest, sondern die Personalie gilt auch als ausgemachte Sache.
Dass der Name Gordon Repinski nicht gefallen ist, mag an Formalitäten liegen. Beachtlich aber ist, dass Steingart sich mit der Realität offenbar noch nicht arrangiert hat. Dafür spricht nicht nur sein Auftreten vor der eigenen Belegschaft, sondern auch seine externe Kommunikation.
So dementierte Steingart laut Spiegel, dass Repinski überhaupt ein Angebot von Politico erhalten habe. Das ist nicht nur falsch, sondern so ein Dementi eigentlich auch gar nicht seine Angelegenheit. Möchte man zumindest meinen. Auf Nachfrage erklärt CEO Rieper:
„Nach unserem Kenntnisstand sind keinerlei Arbeitsverträge bislang ausgehändigt und/oder unterschrieben worden.“
Auf die Frage, ob Steingart Repinski als Politico-Chef verhindern wolle, heißt es:
„Keineswegs. Gordon ist ein herausragender Journalist, ein effektiver Pioneer-Vize und sehr sehr erfolgreicher Podcaster.“
Und zu seinen weiteren Äußerungen über Bewerbungen und eine Shortlist:
„Gabor unterstützt Politico beim Start des Politico Playbook in Deutschland und damit zunächst auch bei der Suche nach geeigneten Journalistinnen und Journalisten in Deutschland für das Team.“
Springer will sich dazu ebenso wenig äußern wie zur genauen Rolle, die Steingart nun spielen oder eben nicht spielen soll. Konzernquellen von Medieninsider sagen, dass man Steingart in den Prozess einbinde und Rat einhole. Entscheidungen über Politico treffe aber Politico. Nicht Steingart.
Es scheint, als wisse man nicht so richtig, was man in dieser neuen Konstellation miteinander anfangen soll. Und ob man überhaupt miteinander will? Immerhin besteht ein „Frenemy“-Verhältnis. Man ist Freund und Feind zugleich. So ist das in der Wirtschaftswelt. Die Kooperation scheint vielmehr ein Kompromiss. Alle sollen ihr Gesicht waren, niemand verärgert werden.
Unterdessen stellt sich die Frage, wohin die Expedition nun gehen soll. Während Steingart sein zweites Schiff baut, brechen ihm elementare Teile seiner Redaktion weg, teils abgeworben vom eigenen Investor. Das heizt Spekulationen an. Beispielsweise die, dass Springer Media Pioneer personell aushöhlen könnte, um den Kaufpreis zu beeinflussen, sollte man bald zur Übernahme ansetzen. Denn auch bei Springer ist klar: Steingart gilt zwar als unermüdlich, bei seinen 61 Jahren ist die nach wie vor vorhandene Zuspitzung auf seine Person aber auch ein Risiko.
Dass Springer die Steingart-Flotte kapern könnte, wird immer wieder spekuliert und auch innerhalb des Konzerns für ein realistisches Szenario gehalten. Sollte es mal so weit kommen, müsste sich der Pioneer-Gründer etwas einfallen lassen. Er gerät nicht in See-, womöglich aber in Erklärungsnot. Dass sein Management die Mehrheit an Media Pioneer hält, war gegenüber den Leser-Aktionären bislang eines der wichtigen Verkaufsargumente.
Bei Gabor Steingarts Start-up Media Pioneer gibt es einschneidende personelle Veränderungen: Michael Bröcker vor dem Absprung – damit könnte sich die Chefredaktion in bisheriger Form auflösen.
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Im Juni überraschte die Rheinische Post mit einem Wachstum im Hochpreissegment, das sie aus einer (Fast-)Gratis-Aktion von Ende 2022 heraus generiert. Bild wuchs erstmals seit März 2023 um mehr als ein Prozent und die FAZ verzeichnete das stärkste Wachstum seit September 2022. Besonders bemerkenswert: Obwohl die Rammstein-Recherchen der Welt ein Konvertierungshit waren, wuchs der Titel kaum.
Wie kann sich die Streamingbranche angesichts immer neuer Technologien, Subscription Fatigue und Fachkräftemangel sicher für die Zukunft aufstellen? Antworten darauf liefert der neue Report von XPLR: MEDIA in Bavaria mit Expert:innen-Interviews und bayerischen Best Cases. Jetzt kostenlos downloaden!
Dark Patterns sollen Menschen dazu verleiten, unbewusst Daten zu teilen. In den USA wächst nun der politische Widerstand gegen die Manipulation des Konsumenten – das ist eine schlechte Nachricht für die Medienbranche.
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Marvin
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