Lese-Letter 19/2023

Zustand des Verlegertums, Verlage vs. Öffis, Agenda-Setting-Monitor, Werbenetzwerk für Publisher Economy

Hallo !

Schön, dass du dabei bist! Was dich in dieser Woche unter anderem im Lese-Letter erwartet:

► Mit Friedrich, Döpfner und Becker ist viel über den Zustand des deutschen Verlegertums gesagt

Deutschlandweit streiten Publisher mit ARD-Anstalten – Volker Nünning hat die Details  (direkt zum Artikel)

Stefan Paulus stellt in seiner Analyse der Homepages deutscher Digitalpublisher fest, dass Bild den größten Themenmix hat (direkt zum Artikel)

► Mein Co-Gründer Matthias erklärt, wie wir ein Werbenetzwerk in der Publishing Economy aufbauen (direkt zum Artikel)

► Melde dich jetzt für unseren Community mit Matthias und mir am morgigen Donnerstag an (direkt zum Artikel)

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Friedrich, Döpfner, Becker. Damit ist der Zustand des Verlegertums in Deutschland kurz zusammengefasst. Alle drei unternehmen derzeit einiges, um nicht nur Ressentiments gegenüber den Medien zu untermauern, sondern die Branche auch noch bei jenen in Verruf zu bringen, die für sie arbeiten.

Holger Friedrich, der 2019 per Quereinstieg zum Verleger wurde, zeigte sich jüngst engagiert darum, noch das letzte Quäntchen Selbstbewusstsein und Vertrauenswürdigkeit der Berliner Zeitung zu verspielen. Anstatt für den Axel-Springer-Konzern belastendes Material publizistisch zu verwerten (oder auch eben nicht zu verwerten), reichte er es auf direktem Wege an den Medienkonzern weiter. Friedrich vergaß die Rolle des Verlegers und erinnerte sich an seine alte: die des Stasi-Spitzels Peter Bernstein. Die „atemberaubende Bedrohung für die Pressefreiheit“, wie Georg Mascolo sie kürzlich beschrieb, ist nun ein Fall für den Presserat. Ein Verfahren wegen Bruch des Berufsgeheimnisses durch einen Verleger – das hat es so auch noch nicht gegeben.

► Über Mathias Döpfner war in den vergangenen zwei Jahren viel zu lesen. Und immer, wenn man dachte, dass es gar keine Steigerung mehr geben kann, wurde das Gegenteil bewiesen. Das Bekanntwerden seiner persönlichen Nachrichten an den ehemaligen Bild-Chef Julian Reichelt hat einen Schaden angerichtet, dessen er sich gar nicht bewusst zu sein scheint. Dabei bekommt er ihn auch intern bei jeder Gelegenheit vorgehalten. Bei der Verleihung des Springer-Journalistenpreises vergangene Woche saß er in der ersten Reihe, als er von Laudatoren und Angestellten gleichermaßen kritisiert wurde. Anhaben konnte es ihm nichts, warum auch? Beim Führungskräftetreffen eine Woche zuvor in Washington holte sich Döpfner entscheidenden Rückhalt ab. Dort gab es von Großinvestor und KKR-Eigentümer Henry Kravis persönlich überschwängliches Lob statt Kritik. Döpfner bekräftigte, seinen CEO-Posten noch so fünf, eher sogar zehn Jahre ausfüllen zu wollen. Wem das nicht passt, der muss wohl gehen. Döpfner wird’s nicht.

► Die Ignoranz der eigenen Doppelmoral ist kein männliches Phänomen. Daran erinnert in dieser Woche Julia Becker. Auch sie gehört zum Kreise der Verleger, die derzeit mehr gegen den Journalismus unternehmen als etwas für ihn zu tun. Die Eigentümerin der Funke Mediengruppe erklärte sich erst zu einem Interview mit dem Medium Magazin bereit, zog ihr Angebot dann aber zurück. Der Grund: Auch Becker mischte sich in redaktionelle Belange ein. Nicht in die ihrer eigenen Medien, sondern in die des Medium Magazins. Nachdem sich Becker ihre Gesprächspartnerin nicht selbst habe aussuchen dürfen, sei ihr Terminkalender plötzlich voll gewesen, berichtet Chefredakteur Alexander Graf. Das ist Verlegerisch für: Ich habe keine Lust.

Der Vorgang bestätigt einen über Jahre aufgebauten Verdacht: Die Verlegerin äußert sich gerne und viel – wenn niemand kritisch einhaken oder widersprechen kann. Dafür muss man sich nur Beckers Kommunikationspolitik anschauen. Sie schwingt gerne große Reden oder schreibt pathetische Gastbeiträge über die Zukunft des Qualitätsjournalismus, zu denen sie auch ihre Medien zählt (neben Hamburger Abendblatt oder Berliner Morgenpost sind das Titel wie Die Aktuelle, Das Goldene Blatt oder Der Westen). Selbstverständlich gibt es Ausnahmen, die die Regel bestätigen. Und was für welche:

Jüngst war sie im Marketing-Podcast von Philipp Westermeyer, der seine Interviewgäste bekanntermaßen ausführlichst erzählen lässt. Ansonsten gibt Becker gerne Interviews in ihren eigenen Publikationen. Vergangenes Jahr durfte beispielsweise die Frau im Spiegel ran. „Ihr Herz schlägt weiblich“, lautete die Überschrift des Interviews, das die Redaktion über gleich vier Seiten streckte. So macht man das bei Promis. Dazu gab es so viele Fotos von Becker, dass man beim Medium eher von der Frau im Spiegelkabinett sprechen konnte.

Inhaltlich ging es um die „Leidenschaft für Medien und Frauen und ihre große Verantwortung und ihre Visionen als Arbeitgeberin für die Zukunft ihres Unternehmens“. Da war viel Rosiges dabei. Ansonsten ging es häufig um den BDZV, den Mann Mathias Döpfner und darum, weshalb sie mit ihrem Unternehmen den Lobby-Verband verließ, obwohl sie doch hätte die Spitze übernehmen können – kurzum: um viele Themen, zu denen auch ein Medienjournalist viele Fragen hätte stellen können. So jemand hätte aber sicherlich nach den offensichtlichen Widersprüchen gefragt, die Becker selbst so oft ausblendet. So ist das eben mit dem Journalismus. Er ist manchmal unbequem – und deshalb so wichtig. Oder wie Julia Becker es formuliert:

„Journalistische Inhalte sind der Sauerstoff unserer Demokratie und halten unsere Gesellschaft zusammen.“ 

Während wir uns gerne mit den schillernden und prägenden Figuren der Branche befassen, sollten inhaltliche Themen nicht untergehen. Auch dafür sorgen wir bei Medieninsider. Die deutsche Verlegerszene beschäftigt abseits der persönlichen Dramen nämlich allerhand. Steigende Preise bei sinkenden Erlösen beispielsweise oder das Vorankommen der digitalen Transformation – dabei geht es nicht nur um die eigene, sondern auch die der anderen. Speziell um die des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Was einige Rundfunkanstalten der ARD im Netz treiben, stößt besonders regionalen Verlagen übel auf. Der Vorwurf: Die Öffentlich-rechtlichen bauen mit ihren textlastigen News-Seiten eine zu große Konkurrenz zu den privatwirtschaftlich organisierten Angeboten auf. Darüber wird heftig gestritten – und zwar von Nord bis Süd, von Ost bis West. Verlage stehen in neun (!) Bundesländern mit fünf (!) Landesrundfunkanstalten im Clinch. Für bessere Verhandlungspositionen schließen sie ungewöhnliche Allianzen, wie der Streit in Hamburg zeigt, oder greifen – wie beim Weser Kurier in Bremen – zu besonderen Mitteln. Wer mit wem streitet und worum es geht, hat mein Kollege Volker Nünning recherchiert.

Gute Nachrichten auch für Publisher, denn immer mehr Verbraucher sind bereit für qualitativ hochwertige Inhalte zu zahlen. Wie sich laut der aktuellen Paid-Content-Studie des Vermarkters Score Media Group die Einstellungen der Nutzer verändert haben, lesen Sie hier auf editorial.media

Publisher finden ihre Besucher mit unterschiedlichsten Themen über verschiedenste Traffic-Quellen. Doch worauf setzen sie auf ihrer wichtigsten Seite? Für den Agenda-Setting-Monitor analysieren Medieninsider und azernis die Startseiten von zwölf Publishern. Dabei fällt auf: Angebote wie Tagesschau oder Spiegel setzen vor allem auf Politik, Reichweitenportale wie T-Online, Stern oder Focus Online auf Gesellschaft – Bild hat den größten Themenmix.

Medieninsider wächst – nicht nur redaktionell. Wir bauen unser Verlagsangebot aus. Nachdem wir uns vor allem auf Advertorials sowie Anzeigen in unseren Newsletter fokussiert haben, bieten wir nun auch Werbeplätze in weiteren themenverwandten Newslettern an. Diese Newsletter sind nicht von Medieninsider, sie ergänzen aber unser Angebot, sind qualitativ hochwertig und richten sich an dieselben Zielgruppen. Mehr darüber erfährst du im Blog-Beitrag meines Co-Gründers Matthias Bannert.

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News: 

► RTL Deutschland behält Geo Epoche nach Protesten doch im Portfolio – eigentlich sollte das Magazin eingestellt werden (mehr erfahren)

► Der Prignitz-Kurier, eine Lokalausgabe von Madsacks Märkischer Allgemeinen Zeitung, soll nicht mehr gedruckt erscheinen und am 30. September 2023 das letzte Mal zugestellt werden (mehr erfahren

► Die Staatsanwaltschaft sieht einen Anfangsverdacht gegen Julian Reichelt bestätigt und hat Ermittlungen wegen möglichen Betrugs eingeleitet (mehr erfahren)

Carlo Fuortes, Chef der italienischen Rundfunkanstalt Rai, verlässt seinen Posten, nachdem die Regierung Änderungen an der Ausrichtung des Programms bestimmt hatte (mehr erfahren)

► Der Dreijahres-Deal der New York Times mit Google, der Anfang des Jahres geschlossen wurde und über den zunächst kein Volumen bekannt war, beläuft sich laut Wall Street Journal auf eine Summe von rund 100 Millionen US-Dollar (mehr erfahren)

Tucker Carlson darf nach seinem Rauswurf bei Fox News laut New York Times bis 2025 für keinen anderen Fernsehsender arbeiten – Grund sei eine Vertragsklausel (mehr erfahren)

► Das News-Start-up The Messenger von Medienunternehmer Jimmy Finkelstein startet laut Axios am 15. Mai 2023 mit rund 200 Journalisten; bisher hat das Unternehmen rund 50 Millionen US-Dollar Finanzierung eingesammelt (mehr erfahren)

► LinkedIn streicht 716 Stellen in den Bereichen Vertrieb, Betrieb und Support wegen „schwankender Nachfrage“, das Unternehmen möchte künftig vermehrt mit Freelancern zusammenarbeiten (mehr erfahren)

Entdeckungen: 

Mark Stenberg beschreibt in AdWeek, wie die Abschaffung der Paywall bei Quartz vor rund einem Jahr zu einem Einbruch der Zugriffszahlen geführt hat (mehr erfahren)

Ed Zitron schreibt bei Business Insider, dass sich Meta-Chef Mark Zuckerberg verrannt habe und die Idee des Metaverse am Ende ist  (mehr erfahren)

Jan Böhmermann schickt seinen Medienanwalt los, um klarzustellen, dass er im Fall Hessenthaler keine Verschwiegenheitserklärung abgegeben habe – Correctiv-Chef Justus von Daniels nimmt das zum Anlass, die Prinzipien des Quellenschutzes einzuordnen (mehr erfahren)

Der TikTok-Trendradar von Medieninsider informiert dich fortlaufend über die aktuellen Themen-Trends auf der Videoplattform:

► 5. Mai 2023: Snapchat verärgert mit neuem KI-Chatbot TikTok-User:innen

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Danke fürs Lesen, ! Wenn dir der Lese-Letter gefällt, leite ihn gerne an Kollegen, Bekannte oder Freunde weiter. Wir freuen uns auch, wenn du in sozialen Netzwerken auf unsere Artikel hinweist! Dank dafür geht in dieser Woche unter anderem an Arist von Harpe und  Gojan Majic.

Wenn du denkst, dass auch deine Kollegen Medieninsider lesen sollten, dann empfehlen sich unsere Corporate-Angebote. Mehr Informationen dazu findest du hier.

Viele Grüße sendet dir

Marvin

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