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Lese-Letter 05/2024
Pressekonzentration, Lutz Schumacher, Untergangsszenarien, Q&A zu 'digital only', ÖR-Reformen, Correctiv,
Hallo !
Schön, dass du dabei bist! Was dich in dieser Woche unter anderem im Lese-Letter erwartet:
► Drei Zeitungsdeals in einem Monat zeigen, wie die Pressekonzentration voranschreitet
► Lutz Schumacher, Chef der Schwäbischen Zeitung, erklärt im Interview, weshalb es trotz aller Befürchtungen noch mehr Zuspitzung im Mediengeschäft braucht und wie er das Leben der gedruckten Zeitung verlängern will (direkt zum Interview)
► Die Zukunft der Zeitung heißt digital only – in unserem Q&A am 15.02 sprechen wir mit Henry Lohmar und Denni Klein, wie die Märkische Allgemeine in der Prignitz von Print auf Digital umgestellt hat (direkt anmelden)
► In den USA werden derzeit reihenweise Untergangsszenarien für den Journalismus skizziert – zu früh, findet unsere Kolumnistin Alexandra Borchardt (direkt zur Kolumne)
► So groß der Erfolg der jüngsten Correctiv-Recherchen ist, so groß ist auch sein Widerhall – was die Branche daraus lernen kann (am Ende des Newsletters)
► Die Rundfunkkommission der Länder kam zur Beratung über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zusammen – ließ das größte Reformvorhaben aber unberührt (am Ende des Newsletters)
► Online-Redakteur beim Landwirtschaftsverlag, Pressesprecher beim DJV oder Programmdirektor beim Hessischen Rundfunk – finde deine persönliche Zukunft in unserer Jöbbörse (direkt zu den Angeboten)
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Es ist der Beginn eines turbulenten Jahres im Zeitungsgeschäft:
► In Mecklenburg-Vorpommern wechselt der Verlag um die Schweriner Volkszeitung (SVZ) den Eigentümer. Damit ziehen sich die NOZ Medien aus dem Tageszeitungsgeschäft im Bundesland zurück und überlassen das Gebiet dem Verlag um die Schwäbische Zeitung, der rund um Neubrandenburg auch den Nordkurier herausgibt.
► Wettbewerber Madsack baut sein Wirken in Sachsen aus, wo der Zeitungskonzern die Übernahme der DDV Mediengruppe mit seinen Titeln wie Sächsische Zeitung und Tag24 anstrebt. Damit gibt Bertelsmann seine Aktivitäten im Tageszeitungsgeschäft auf.
► In Nordrhein-Westfalen stößt die Rheinische Post Mediengruppe ihre Anteile an der Aachener Zeitung ab, die nun komplett zum belgischen Mediahuis gehört.
► In Thüringen wartet die Ostthüringer Zeitung auf Veränderungen in der Gesellschafterstruktur, nachdem die Firmen von Funkes Partner René Benko in die Insolvenz gegangen sind.
Die Neuordnung im Zeitungsgeschäft ist längst Realität und unausweichlich geht mit ihr eine Zuspitzung der Eigentumsverhältnisse einher. Manche Anteilseigner ziehen sich zurück, während andere ihre Stellung ausbauen. Beobachter fürchten deshalb die voranschreitende Pressekonzentration.
Wo es noch eine Vielfalt gibt, dürften Behörden versuchen, sie zu erhalten. So ist die Übernahme der DDV Mediengruppe durch Madsack beispielsweise keine Selbstverständlichkeit. Mit den Dresdner Neuesten Nachrichten gibt der Konzern bereits einen direkten Wettbewerber zur Sächsischen und Tag24 heraus. In Branchenkreisen gilt es als ausgeschlossen, dass das Bundeskartellamt hier ohne weiteres zustimmen wird. Wahrscheinlich ist, dass Madsack die Dresdner Neuesten Nachrichten in Teilen oder ganz verkaufen wird, um den Weg freizumachen.
Doch auch wenn es zumindest in der Theorie genug potenzielle Käufer gibt, dürfte der Verkauf des kleineren Wettbewerbers kein leichtes Unterfangen werden. Auch weil es der in den Madsack-Konzern integrierte Titel ohne ähnliche Synergien sehr schwer haben dürfte. Gelingt der Verkauf nicht, ist die Zukunft des Titels ungewiss.
Trotz dieser Aussichten gibt es Stimmen in der Branche, die sich für eine stärkere Pressekonzentration aussprechen. Eine von ihnen gehört Lutz Schumacher, der hinter dem bereits erwähnten Deal zur Übernahme der SVZ in Mecklenburg-Vorpommern steht. Der Geschäftsführer der SV-Gruppe sagt:
„Wir brauchen mehr davon.“
Denn:
„In Wahrheit erleben wir doch gerade eine Dekonzentration des Mediensystems und gleichzeitig eine Plattformkonzentration. Die klassischen Medien sind eben nicht mehr relevanten Plattformen, sondern wurden von den vier oder fünf großen Tech-Konzernen abgelöst.“
Wollten journalistische Medien in Zukunft noch eine gewichtige Rolle spielen, müssten sie auch leistungsfähig sein und deshalb enger zusammenrücken.
„Wir befinden uns im Kampf um Mittelerde und die große Ork-Armee überrennt uns, wenn sich nicht alle Festungen zusammenschließen.“
Das gesamte Interview, in dem Schumacher auch darüber spricht, weshalb er sich lieber für ein möglichst langes Leben der Zeitung einsetzt anstatt auf 'digital only' zu setzen, findest du hier:
In den USA werden derzeit viele Untergangsszenarien für den Journalismus skizziert. Alexandra Borchardt sieht aber keinen Grund zu resignieren. In ihrer Kolumne benennt sie konkrete Aufgaben, die Medien und ihre Entscheider nun angehen müssen, um Journalismus eine Perspektive zu geben.
Unsere Q&As sind digitale Runden, in denen wir dich und weitere Mitglieder gezielt mit Experten und spannenden Menschen aus unserer Branche zusammenbringen.
Du kannst in geschützter Atmosphäre Fragen stellen. Die Q&As werden weder aufgezeichnet noch anderweitig verwertet, um einen vertrauensvollen Austausch zu gewährleisten.
In den kommenden Wochen begrüßen wir wieder inspirierende Gäste, die sich auf den Austausch mit dir und anderen Medieninsidern freuen!
15. Februar 2024, 18.30 Uhr: Abschied von der Zeitung: Wie gelingt der Umstieg auf digital only?
Henry Lohmar (rechts) arbeitet seit Oktober 2019 Chefredakteur der Märkischen Allgemeinen Zeitung (MAZ), Denni Klein ist beim Redaktionsnetzwerk Deutschland für das Editorial Development verantwortlich. Gemeinsam berichten beide im Q&A, wie die Prignitzer Lokalausgabe der MAZ innerhalb der Madsack Mediengruppe die erste war, die im Herbst 2023 ihre gedruckte Ausgabe eingestellt hat, um auf digital only umzusteigen.
22. Februar 2024, 18.00 Uhr: Die eigene Resilienz stärken
York von Heimburg war 35 Jahre lang in leitenden Positionen für Medien- und Verlagshäuser tätig, viele davon als CEO und President des Deutschlandsgeschäfts des Media- und Technologieunternehmens IDG Communications. Seine Erfahrungen hat er bereits in fünf Managementbüchern festgehalten. In Fit für die Zukunft (2021, Hanser Verlag) zeigt er zwölf Strategien für nachhaltigen Unternehmenserfolg auf.
29. Februar 2024, 17.00 Uhr: Geht Marketing Automation auch ohne CRM? – präsentiert von opensubs
Für CRM-Systeme kann man sehr viel Geld ausgeben. Aber das muss man erstmal haben. Kann man seine Kunden nicht auch einfacher und automatisiert ansprechen? Hendrik Schmalz und Iris Schümann zeigen euch einen innovativen Lösungsansatz, wie man vorhandene Kundendaten aus dem ERP-System für Marketing Automation nutzen kann.
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News
► Laut dem Untersuchungsbericht von Ex-Spiegel-Chefredakteur Steffen Klusmann wussten NDR und ARD nicht von russischen Zahlungen an ihren ehemaligen Autor Hubert Seipel (mehr erfahren)
► Laut Welt am Sonntag erhält Markus Lanz rund 1,9 Millionen Euro Honorar vom ZDF, gefolgt von Horst Lichter und Oliver Welke mit weiteren Millionen-Vergütungen –der Sender schweigt (mehr erfahren)
► Bild will im Herbst 2024 erneut ein Fame-Fighting-Box-Event übertragen, die erste Show brachte der Zeitung zehntausende neue Digital-Abos (mehr erfahren) – zudem sichert sich die Zeitung die Onlinerechte für die Übertragung von WWE-Wrestling-Events (mehr erfahren)
► Penguin Random House, der Buchverlag von Bertelsmann, will laut SZ bis 2027 rund 100 Stellen und damit jede zehnte in Deutschland abbauen (mehr erfahren)
► Burda fusioniert zum 1. Februar 2024 seine Vertriebsbereiche Burda Markenvertrieb und BurdaDirect zu BurdaVerlag Consumer Sales & Services (mehr erfahren)
► Business Insider entlässt in den USA acht Prozent seiner Angestellten, Grund der die Rückkehr von allgemeiner Berichterstattung hin zu Wirtschaftsthemen (mehr erfahren)
► Die LA Times entlässt mit 115 Mitarbeitern rund ein Fünftel ihrer Belegschaft, Grund seien schlechte Zahlen bei Abos und Werbeeinkünften (mehr erfahren)
► Apple reduziert seinen Anteil am Revenue-Share bei Abos, die über den Apple abgeschlossen werden (mehr erfahren)
Entdeckungen:
► Louis Klamroth reagiert auf die Kritik seines Hart aber fair-Vorgängers Frank Plasberg und äußert eine andere Erinnerung an die Geschehnisse – so habe er „über Wochen“ mit Plasberg über die künftige Zusammenarbeit diskutiert (mehr erfahren)
► Marcus Maurer, Simon Kruschinski und Pablo Jost kommen in ihrer Studie Fehlt da was? zu dem Ergebnis, dass öffentlich-rechtliche Medien, anders als häufig angenommen, nicht signifikant stärker linke Positionen vertreten als private Medien (mehr erfahren)
► Business Insider rekonstruiert die internen Querelen der vergangenen Monate bei Hubert Burda Media – und legt auch offen, wie es zum Abgang des langjährigen Managers Burkhard Graßmann kam (mehr erfahren)
► Der neue WaPo-CEO Will Lewis sieht im Semafor-Interview mit Ben Smith bisherige digitale Abo-Modelle vor einer „Phase des Niedergangs“ und will auf andere Bezahlarten setzen (mehr erfahren)
► Wissenschaftsjournalistin Christina Couch befasst sich bei Nieman Lab mit der Burn-out-Gefahr in der Medienbranche und welche Lösungsansätze es für Publisher gibt (mehr erfahren)
Correctiv und sein problematisches Geschäftsmodell
So groß der Erfolg der jüngsten Correctiv-Recherchen über Pläne zur „Remigration“ rechter Gleichgesinnter ist, so groß scheint auch der Widerhall – besonders in den sozialen Netzwerken.
Angeheizt von der AfD sowie von so genannten alternativen Medien wird Correctiv zum Vorwurf gemacht, sich großzügig aus staatlichen Mitteln finanziert haben zu lassen. Unzutreffend ist diese Feststellung nicht. Für einzelne Projekte ruft Correctiv immer wieder Fördergelder ab, die auch aus der Staatskasse kommen. Der Posten „Bundeskasse“ war 2023 der drittgrößte Zuwendungsposten.
Was die Vorwürfe bezwecken sollen, ist klar: Es soll der Eindruck entstehen, Correctiv habe sich und seine Berichterstattung vom Staat kaufen lassen. Man muss diese Verschwörungstheorie nicht glauben, um das Geschäftsmodell des Recherche-Mediums, das mit Unterstützung der Brost-Stiftung gegründet wurde, problematisch zu finden.
Fazit: Das, was gerade rund um Correctiv geschieht, unterstreicht, dass staatliche Fördermittel oder gar Subventionen wie eine Presse- oder Zustellförderung eine dumme Idee sind. Ich fürchte, Medien unterschätzen die Wirkung, die solche Beziehungen auf Konsumenten haben – nicht nur auf jene, die zur Verschwörung neigen.
ARD, ZDF und Deutschlandradio: Das W in „Reform“ steht für Wille
Ende vergangener Woche sind ist die Rundfunkkommission der Länder zusammengekommen, um über weitere Reformen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu beraten. Dafür lag den Medienpolitikern ein umfangreiches Gutachten inklusive weitreichender Reformvorschläge vor, das sie selbst beauftragt haben. Erstellt hat es der ein Jahr zuvor ins Leben gerufene Zukunftsrat rund um die ehemalige Medienmanagerin Julia Jäkel und den Verfassungsrechtler Peter M. Huber. Davon hängen geblieben sind allenfalls: Reförmchen.
Die Rundfunkkommission will – wie auch der Zukunftsrat – den Abbau von Doppelstrukturen, mehr Organisation statt Koordination vor allem innerhalb der ARD, eine stärkere Ausrichtung ihrer Landesrundfunkanstalten aufs Regionale.
Die Rundfunkkommission will dafür aber keine eigene Dach-Organisation bauen, die wichtige Plattformentwicklung nicht in ein eigenes Unternehmen mit klarer Geschäftsführung auslagern und auch die Vorschläge des Zukunftsrats zur Ermittlung des Finanzbedarfs der öffentlich-rechtlichen Sender fand man nicht so gut.
Weitermachen will man jetzt jedenfalls damit, dass die Reform-Ideen von der KEF auf Sparpotenzial geprüft werden sollen. Denn darum geht’s: Die öffentlich-rechtlichen Anstalten sollen günstiger werden. Die KEF ist die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs von ARD, ZDF und Deutschlandradio und damit so etwas wie die Finanzaufsicht. Und hier gibt es ein Problem. Deutlich wurde es im Nebensatz von Julia Jäkel bei der Präsentation des Gutachtens des Zukunftsrats. In Bezug auf die Summen aus dem Rundfunkbeitrag für „auftragsferne Sachverhalte“ des Öffentlich-Rechtlichen sagte sie:
„Es ist schwer, dort überhaupt eine Transparenz zu bekommen. Die KEF hat keine.“
Eine Aufsicht ohne Übersicht. Man stelle sich einmal vor, so etwas würde im Controlling eines börsennotierten Konzerns geschehen.Die Wahrheit ist: Das System zur Anmeldung des Finanzbedarfs im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist mit seinen über Tausende Seiten langen Anträgen seit Jahren höchst intransparent. Die KEF und vor allem die Öffentlichkeit werden im Unklaren darüber gelassen, wie die Beitragsgelder verwendet werden.
Fazit: Man muss den Plänen des Zukunftsrates nicht unbedingt folgen. Julia Jäkels Feststellung allein sollte aber Grund genug sein, das System nicht anzupassen, sondern es neu aufzusetzen.
P.S.: Die Rundfunkkommission einigte sich auch darauf, ein neues Vergütungssystem für außertariflich Angestellte festzulegen. Mein Kollege Volker Nünning hat bereits vor einiger Zeit berichtet, wie es aussehen soll – und was das mittlere bis obere Management in den öffentlich-rechtlichen Anstalten bislang gekostet hat (direkt zum Artikel)
So hilfst du dabei, Medieninsider bekannter zu machen!
Danke fürs Lesen, ! Wenn dir der Lese-Letter gefällt, leite ihn gerne an Kollegen, Bekannte oder Freunde weiter. Wir freuen uns auch, wenn du in sozialen Netzwerken auf unsere Artikel hinweist! In den vergangenen Tagen haben das unter anderem Julia Jäkel und Maria Exner getan.
Wenn du denkst, dass auch deine Kollegen Medieninsider lesen sollten, dann empfehlen sich unsere Corporate-Angebote. Mehr Informationen dazu findest du hier.
Viele Grüße sendet dir
Marvin
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