Dein Lese-Letter zur Wochenmitte

Kalenderwoche 45/2025

Hallo Medieninsider!

Schön, dass du dabei bist! Was dich in dieser Woche unter anderem im Lese-Letter erwartet:

Springer-Chef Mathias Döpfner ruft die Ära der Personenmarken aus – doch was passiert, wenn sie gehen? (Editorial)

Wie wichtig sind Berlusconi die Frauen? Während Mehrheitseigentümer MFE einen neuen Vorstand durchsetzt, bleibt ein altes Problem bestehen – Volker Nünning analysiert (direkt zum Artikel)

Wie nativ darf Werbung sein? Über schlechte Beispiele und beunruhigende Tendenzen (direkt am Ende des Newsletters)

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Was bedeuten Personenmarken für Verlage?

In der Phase, in der Mathias Döpfner die Ära der Personality-Brands ausruft, steigt eine von ihnen aus. Wir blicken auf Axel Springers US-Geschäft:

Dort hat gerade Katie Gatti Tassin angekündigt, etwas Neues zu machen und Morning Brew nach drei Jahren zu verlassen. Morning Brew ist Teil des Netzwerkes des US-Medienhauses Insider Inc., was wiederum eine Tochter von Axel Springer ist. Das wirkt zunächst kleinteilig, steht aber für etwas Größeres. Denn mit Katie Gatti Tassin geht jemand der Art, von der Springer-Chef Mathias Döpfner in Zukunft so viel mehr will.

Wir müssen das Publishing selbst disruptieren, wie wir es mit den Kleinanzeigen getan haben. Entweder wir machen es, oder wir werden disruptiert. Wir müssen das Zuhause und die Plattform für Creator werden.

Katie Gatti Tassin ist der Kopf der Marke Money with Katie, mit der sie selbst erst 2020 als Bloggerin gestartet war. Wie der Titel erahnen lässt, befasst sie sich darin mit Fragen rund um persönliche Finanzen. Wie wir kürzlich über Finanzfluss berichteten, profitierte auch Money with Katie vom steigenden Interesse während der Corona-Pandemie und wurde schnell größer. Das gelang auch deshalb, weil die Quereinsteigerin, die erst 2020 gestartet war, auf Nähe und Persönlichkeit setzte. Der Erfolg ging auch an den Machern von Morning Brew nicht vorbei.

2022 erfolgte ein so genannter Acqui-hire. Morning Brew habe Money with Katie nicht wegen des Geschäfts gekauft, sondern dessen Gründerin, wie sie selbst schreibt. Mit den Ressourcen des größeren Partners sollte sie ihr „Unternehmen im Unternehmen“ ausbauen – was sie auch tat. Die folgenden Zahlen basieren auf eigenen Angaben:

Vor der Übernahme 2020 erzielte Money with Katie 250.000 US-Dollar Umsatz, 2022 waren es 1,1 Millionen US-Dollar – unter anderem generiert aus Werbung, Affiliates und Software.

Mit Morning Brew führte sie das Tool Wealth Planner ein, das 2022 bereits 35 % des Umsatzes ausgemacht hat.

Zudem investierte Money with Katie in Podcast und Newsletter, zählt heute 150.000 monatliche Hörer und 200.000 Abonnenten.

Zum Angebot zählen auch Merch-Produkte und Bildungsangebote wie Masterclasses. In diesem Jahr kam ein eigenes Buch dazu.

Und nun: der Abschied. Katie Gatti Tassin wolle sich auf eine neue Politik- und Kultur-Show konzentrieren, die offensichtlich nicht ins Konzept des Finance-Verticals Morning Brew passt. Während Springer-Chef Döpfner kürzlich ankündigte, die „Ownership-Kultur“ im Unternehmen zu stärken, erklärt sie losgelöst davon in einem Posting bei Instagram:

Ein Teil davon, ‘Ownership’ zurückzuerlangen, ist die totale Selbstbestimmung darüber, wie ich meine Ressourcen einsetze.

Weil es sich „unaussprechlich“ anfühle, ohne ihre Marke Money with Katie zu gehen, habe sie sich mit Morning Brew auf einen Management-Buyout geeinigt. Man werde weiterhin von ihr lesen, den Podcast werde sie aber ruhen lassen.

Wir kennen nicht alle Hintergründe, die nun zur Trennung führen. Für diesen Newsletter sind sie auch nicht relevant. Vielmehr bewegt die Frage: Was zeigt dieses Beispiel mit Blick auf Döpfners Personalisierungsstrategie? Einige Gedanken und Beobachtungen:

Money with Katie zeigt, wie schnell Marken durch Nähe und Persönlichkeit wachsen und große Medienunternehmen ihnen dabei helfen können. Kommen sie aus der Creator Economy, bringen sie neue Geschäftsmodelle mit, mit denen sich klassische Medien eher schwer tun (persönliche Werbeformate, Masterclasses…)

Die Rolle des Publishers wird vielmehr zur Rolle eines Accelerators – er schafft neue Marken oder kauft sie ein und macht sie größer. Über die Trennung bestimmt nicht mehr er allein. Sind Personenmarken groß und mächtig, ist es für sie umso attraktiver, sich zu verselbstständigen. Dem Publisher bleibt im besten Fall noch ein Gewinn. Womöglich bedeutet das, dass Personenmarken noch schneller profitabel werden müssen.

Den Abgang kann kaum etwas verhindern – auch nicht ein vollumfängliche Rechtepaket. Wer einmal groß genug ist, baut sich die eigene Reichweite anderswo wieder auf (das hat hierzulande bereits Gabor Steingart gezeigt). Was womöglich bleibt, sind bisherige Werke. Doch anders als bei Songs lässt sich ein Archiv im Journalismus kaum nachhaltig monetarisieren.

Money with Katie verdeutlicht, was eine Personenmarke für ein etabliertes Medienunternehmen noch Wert ist, wenn der Kopf dahinter – aus welchen Gründen auch immer – verschwindet. Money with Katie funktioniert eben nicht mit Abby. Paul Ronzheimers Podcast nicht ohne Paul Ronzheimer – und Steingarts The Pioneer womöglich auch nicht ohne ihn.

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Werben im Lese-Letter

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Wenn Werbung das Storytelling beeinflusst

Eines meiner „guilty pleasures“: Kochshows. Doch selbst sie kann ich nicht schauen, ohne die Brille des Medienjournalisten auf der Nase haben. Und so überwog bei der neuen Netflix-Serie Next Gen Chef Ärger statt Genuss. Der Grund: Das gesamte Format ist pure Schleichwerbung für eine Kochschule aus den USA, durchzogen von Produktplatzierungen der bitteren Art.

Keine Frage: Kochshows sind prädestiniert für Werbung. Nirgends lassen sich Lebensmittelmarken besser nativ einbinden als am Herd, nirgends kann die Küchenmaschine besser glänzen (oder ihren Glanz eben verlieren) als bei der direkten Anwendung auf der Arbeitsfläche. Nicht erst seit Til-Schweiger-Produktionen gilt: Wer Unterhaltung will, muss mit subtilen (oder eben plumpen) Werbeeinblendungen leben – auch wenn man Netflix fürs Abo ohne Werbung bezahlt.

Womit man als unschuldiger Konsument nicht leben sollte: Wenn im nächsten Schritt Produktplatzierungen das Storytelling massiv verändern. Bei Next Gen Chef ist das der Fall. Der Zuschauer muss den Teilnehmern der Koch-Competition beim Putzen zusehen, weil ein Putzmittelhersteller das so will. Mehr noch: Die Protagonisten müssen in O-Tönen auch noch berichten, wie sehr das Schmier Putzmittel ihr Leben doch vereinfache. Glaubwürdigkeit = null. Sauber ist das nicht.

Weshalb mich solche Werbeformate noch aufregen: Jeder Trend schwappt über – in die Creator Economy und dann auch in den Journalismus (siehe oben).

Wir sollen uns daran gewöhnen, dass Journalencer und Newsfluencer im Plauderton Werbebotschaften verlesen. Und längst ist auch radikal native Werbung eingezogen. Ein Beispiel: Die sehenswerten Videos von Marvin Wildhage.

Der Creator ist ein Mix aus Spiegel TV- und Galileo-Reporter für die junge Generation. Immer wieder setzt er bei seinen YouTube-Videos auch auf investigative Recherchen. Er lässt unseriöse Influencer hochgehen, deckt Sicherheitsmängel bei der EM auf und zeigt, wie leicht man sich einen Doktortitel erschleichen oder einen falschen Führerschein besorgen kann.

Worauf Wildhage auch setzt: Finanzierung durch Werbung. Und die ist manchmal so stark in die Videos eingebettet, dass man sie ohne den entsprechenden Hinweis kaum erkennen könnte. Das ist rechtlich zwar sauber, trotzdem nervig. Das radikalste Beispiel: Ein Video über Briefkastenfirmen auf den Seychellen, in dem eine Szene aus dem Flugzeug nur eingefügt wurde, um sich ins Kissen eines (Reise-)Kissenherstellers zu kuscheln.

Werbeformate wie diese sind eine weitere Grenzverschiebung, bei der sich die Frage stellt, ob Werbung hier nicht anfängt, den Inhalt (mit-)zubestimmen. Etablierte Medien und ihre Formate setzt das weiter unter Druck. Denn selbstverständlich ist aus Sicht der Werbungtreibenden die native Einbindung die attraktivere Variante. Doch wohin führt es, wenn sich Journalisten Gedanken darüber machen müssen, einen Werbekunden einzubinden? Was kommt dann?

Die Verschiebung ist im Journalismus längst angekommen. Der Spiegel beispielsweise setzte in Podcasts zeitweise auf Host Reads, zumindest bis Nachfragen anderer Journalisten kamen. Business Insider Deutschland ließ sich bereits dazu hinreißen, seine eigenen Redakteure für Content Marketing im Auftrag von Linkedin herzugeben – Werbekennzeichnung: fragwürdig. Dessen nun scheidender Kurzvideo-Verantwortlicher Luca Schallenberger forderte jüngst, sich auch in der Vermarktung verstärkt an die ungeschriebenen Gesetze der Plattformen und ihrer Creators anzupassen.

Die Frage, wie sich Werbung im digitalen Zeitalter verändern muss, ist richtig und wichtig. Nur sollte dabei nicht untergehen, was sich auf keinen Fall verändern sollte, damit eines bleibt: Glaubwürdigkeit. Wird der Inhalt nicht verteidigt, bleibt er kein Tabu.

Viele Grüße
Marvin

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