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Dein Lese-Letter zur Wochenmitte
Kalenderwoche 37/2025
Hallo Medieninsider!
Schön, dass du dabei bist! Was dich in dieser Woche unter anderem im Lese-Letter erwartet:
► Bei Burda haben jetzt Jacob Burda und Elisabeth Burda Furtwängler das Sagen – doch wer sind die Geschwister eigentlich? (Editorial)
► Die Burda-Erben und das Führungsvakuum: Wie die lange Suche nach einem neuen Publishing-CEO zum Problem wird (direkt zum Artikel)
► Über vier Stunden Livestream und 15.000 Zuschauer: Wie auf Artes YouTube-Kanal plötzlich Krypto-Scam mit Trump und Musk lief (direkt zum Artikel)
► Erst geschrieben, dann recherchiert: Wie Bild einen hilfsbedürftigen Flüchtling zum „Shoppen“ schickte (am Ende des Newsletters)
► Community-Frage: Wie viel Euro gibst du persönlich pro Monat für journalistische Abos aus? (am Ende des Newsletters)
► Medieninsider geht am 21. Oktober auf Recherche-Reise – komm mit zu unserer KI-Tour in München! (direkt zu den Details)
Wofür stehen die Burdas?
Ich bin umgeben von starken Persönlichkeiten. Das ist Ansporn und einschüchternd zugleich. Auf mich wirkte es so, als müsse alles perfekt sein…
Was Elisabeth Burda Furtwängler hier aus der künstlerischen Sicht einer Musikerin beschreibt, lässt sich so auf die Aufgabe übertragen, vor der sie heute gemeinsam mit ihrem Bruder Jacob Burda steht. In diesem Jahr haben die Kinder von Hubert Burda die „unternehmerische und verlegerische Verantwortung“ über den von ihm geprägten Medienkonzern übernommen. Nun liegt es an den Geschwistern, beide Mitte 30, die Zukunft des Unternehmens mit jährlich fast drei Milliarden Euro Umsatz und 12.000 Mitarbeitern zu gestalten – und die Situation, in der sie das Unternehmen übernehmen, könnte kaum weniger perfekt sein als jetzt. Das gilt auch für die anhaltende Übergangsphase.
Die Burdas wollen den Generationenwechsel nicht nur im kontrollierenden Verwaltungsrat vollziehen, sondern auch auf operativer Ebene. Im Fokus steht das Mediengeschäft mit den Druckereien, den nationalen wie internationalen Zeitschriften oder der Digitaltochter Burda Forward. Der dafür zuständige CEO Philipp Welte soll abgelöst werden. Das erscheint nachvollziehbar. Der heute einflussreiche Manager kam zum Verlag, als die Kinder noch nicht einmal im Grundschulalter waren – wohl auch deshalb gestaltet sich die Nachfolge schwierig, wie unsere Analyse zeigt.
Im Artikel befasse ich mich vor allem mit den Gründen, die Menschen aus Unternehmenskreisen für die schwierige Suche ausgemacht haben. Hier möchte ich einen weiteren Aspekt teilen, der im Gespräch mit einer Managerin entstand, die nicht bei Hubert Burda Media arbeitet. Es geht um die Antwort auf zwei Fragen:
Wofür stehen die jungen Burdas eigentlich – und wo wollen sie hin?
Sowohl die Geschwister als auch der neue Verwaltungsratschef Olaf Koch haben sich seit ihrer Übernahme mit öffentlichen Auftritten zurückgehalten, sind wenn überhaupt intern in Erscheinung getreten. Wer sich als Außenstehender einen Eindruck verschaffen will, muss das Archiv bemühen – und auch hier lässt sich eher Oberflächliches finden. Über die Burda-Erben wurde bereits viel geschrieben. Selbst gesagt haben sie hingegen wenig. Einzig ein Spiegel-Interview von Elisabeth Burda Furtwängler, aus dem auch der oben zitierte Satz stammt, bildet eine Ausnahme.
Darin sprach sie vor vier Jahren erstmals ausführlich über ihre Sozialisierung, Entwicklung und Sichtweisen – es war ein lesenswertes Gespräch über das Bewusstsein für Privilegien, die Schwierigkeiten damit, über Kunst, Leidenschaft, Demut, Feminismus und (verlegerische) Verantwortung. Die damals 29-Jährige gab sich selbstbewusst und trotzdem reflektiert. Sie machte deutlich, sich der Tradition verpflichtet, sie aber modern interpretieren zu wollen. Auch wenn das Gespräch Einblicke in Elisabeth Burda Furtwänglers Persönlichkeit gewährte, beantwortet es keine Fragen von heute.
Was hat Elisabeth Burda Furtwängler, die damals noch unentschlossen war, überzeugt, die Unternehmensnachfolge endgültig anzutreten? Was passiert, wenn feministischer Idealismus auf wirtschaftliche Realität trifft? Was erwarten die Eigentümer von ihren Mitarbeitern und Führungsmannschaften außer eine Verjüngung durch Generationenwechsel? Was wird konkret von einem CEO erwartet, nachdem die Geschlechterfrage geklärt ist?
Das Unternehmen gehört dir nicht, wir haben es nur geliehen bekommen. Wir wachen darüber, vermehren es und geben es weiter an die nächste Generation.
So gibt Elisabeth Burda Furtwängler im Spiegel-Interview ihren Vater wieder, dessen Namen das Unternehmen trägt. Die Frage nun lautet: Wie soll Burda aussehen, wenn es von Hubert Burda zu Jacob und Elisabeth Burda wird?
Die Erben müssen keinen Fahrplan präsentieren, dafür suchen sie die nötige Management-Expertise. Sie müssen aber das Ziel ausmachen, eine Vision entwickeln. Diese Aufgabe ist nicht leichter, dafür aber umso wichtiger. Eine klare Vorstellung davon wünschen sich nicht nur CEOs, sondern auch die Talente, die für das Unternehmen arbeiten sollen.
Womöglich ist es an der Zeit, für das Geschwister-Duo aus dem Hintergrund zu treten und Gedanken zu teilen. Perfekt muss so ein Auftritt nicht sein.
Komm mit auf Insider-Tour nach München!
Künstliche Intelligenz zündet die nächste große Phase der Disruption in der Medienbranche. Wie gehen Medienhäuser mit künstlicher Intelligenz um? Wie verändert es das Arbeiten hinter den Kulissen, wie die Produkte für die Kunden? Und was bedeutet KI für die Unternehmenskultur?
Mit unserer Insider-Tour gehen wir am Dienstag, 21. Oktober 2025, direkt vor den Medientagen, auf Entdeckungsreise in München und blicken auf die Strategien und Erfahrungen zahlreicher Medienhäuser. Führungskräfte und KI-Spezialisten geben uns vor Ort bei Ippen, Web.de/GMX und Google Einblicke in ihre Strategien. Mit Medieninsider-Kolumnistin Alexandra Borchardt und dir diskutieren sie über Chancen, Risiken und noch ungehobene Potenziale.
Mit dabei: Markus Knall, Chefredakteur Ippen Media, Markus Grabichler, Projektkoordinator KI-Integration, Senior Innovation and Research beim Spiegel, Katharina Happ, KI-Managerin Redaktion Web.de, Cecile Schneider, Product Lead im AI + Automation Lab des Bayerischen Rundfunks und Marco Parrillo, CEO Ebner Media Group.


► Auf der anderen Seite: Interviews geben statt führen
Seminar mit Claudia Bender
Dienstag, 16. September 2025 von 18:00 - 20:00 Uhr
► Content, Community, Conversion: Social-Media-Strategien für Medienhäuser
Seminar mit Laura Bäck
Freitag, 19. September 2025 von 10:00 - 11:30 Uhr
► 'Google zero' – und jetzt?
Q&A mit Dennis Ballwieser (Wort & Bild Verlag)
Montag, 22. September 2025 von 16:00 - 17:00 Uhr
Alle Veranstaltungen findest du auf medieninsider.com/events

► Der Bayerische Rundfunk und Ippen Digital machen gemeinsame Sache und starten einen KI-Bot zum Oktoberfest, der Nutzerfragen beantworten soll (mehr erfahren)
► Der Grimme-Preis versinkt in einem Eklat, nachdem er einer Preisträgerin wegen Antisemitismus-Vorwürfen die Auszeichnung aberkannt hat, ohne die Jury zu einzubeziehen – Übermedien-Journalistin Annika Schneider hat ihren Preis aus Protest zurückgegeben (mehr erfahren)
► In Rheinland-Pfalz haben SPD, Grüne, FDP und CDU eine Novelle des Landesmediengesetzes vorgelegt, die am 1. Januar 2026 in Kraft treten soll. Unter anderem soll die bisherige Beteiligungsbeschränkung für marktbeherrschende Tageszeitungsverlage aufgehoben werden (mehr erfahren)
► Grace Maier (Maier Media) startet im September einen deutschen Hollywood Reporter als Online-Magazin, Ende Oktober soll eine Print-Ausgabe folgen (mehr erfahren)
► Die EU-Kommission hat Google wegen Missbrauchs seiner Marktmacht in der Online-Werbung zu 2,95 Milliarden Euro Strafe verurteilt; Google muss innerhalb von 60 Tagen Maßnahmen vorlegen, um Interessenkonflikte zu beenden – eine Aufspaltung ist nicht beschlossen, bleibt aber möglich (mehr erfahren)
► Rupert Murdoch einigt sich mit seinen Kinder über die Zukunft seines Medienkonzerns, berichtet die New York Times. Sein Sohn Lachlan übernimmt langfristig die Kontrolle über das Medienimperium, die drei ältesten Kinder Prudence, James und Elisabeth erhalten jeweils 1,1 Milliarden US-Dollar und scheiden aus der Familienstiftung aus (mehr erfahren)
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Wie Bild einen hilfsbedürftigen Flüchtling zum „Shoppen“ schickte
Neues aus Springers Ententeich: Anfang September berichtete Bild über die volle Breite seiner Startseite:

Nach einem Rettungsflug, mit dem die Bundesregierung offenbar politisch Verfolgte aus Afghanistan nach Deutschland holte, waren nur 45 von 47 Passagieren gelandet. Wie der langjährige Bild-Politik- und Investigativredakteur Nikolaus Harbusch berichtete, hätten zwei Personen gefehlt, nachdem sie den Anschlussflug in Istanbul verpasst hatten. Der Grund laut der Boulevardzeitung: Ein „Ehepaar“ habe „beim Zwischenstopp in Istanbul die schicken Geschäfte am Terminal aufgesucht – und die Uhr aus dem Blick verloren.“ Schließlich sei der Flieger ohne sie abgehoben.
In den vergangenen Tagen kamen an dieser Darstellung erhebliche Zweifel auf. Erhoben hat sie zunächst die Journalistin Franziska Klemenz. Sie hat getan, worauf Bild offensichtlich verzichtet hat: Bei der Regierung nachgefragt. Unter Berufung auf das Bundesinnenministerium twitterte sie in dieser Woche:
Was @BILD da verbreitet hat, sind @BMI_Bund zufolge Fake News. Die Geflüchteten aus Afghanistan haben den Anschluss von Istanbul nach Hannover nicht wegen Shoppings in "schicken Geschäften" verpasst, sondern weil eine 70-Jährige einen Rollstuhl brauchte - und die andere ihr half.
— Franziska Klemenz (@FreieReporterin)
5:46 PM • Sep 8, 2025
Es soll sich auch nicht um ein Ehepaar gehandelt haben, sondern um eine Teilnehmerin und ihre Begleiterin. Am Flughafen von Istanbul hat ein bestellter Rollstuhl zum Umsteigen schlicht gefehlt.
Die falsche Darstellung in der Berichterstattung von Bild wurde Medieninsider aus dem Auswärtigen Amt bestätigt.
Wie Bild damit bislang umgegangen ist? Bis zum gestrigen Dienstagnachmittag – Klemenz hatte bereits am Montag dazu getwittert – gar nicht. Am Abend dann erschien ein neuer Artikel. Nicht in Form einer Korrektur oder Richtigstellung. Als hätte es eine neue Entwicklung der Nachrichtenlage gegeben, berichtete Bild nun:

Im Artikel, in dem nun sowohl das Auswärtige Amt als auch das Bundesinnenministerium den vorherigen Bild-Bericht dementieren, heißt es:
„Bild hatte (…) bei beteiligten Behörden nachgefragt, was die Gründe für das Verpassen des Fliegers gewesen seien. Danach hieß es noch am selben Tag: Zwei Passagiere hätten sich beim Zwischenstopp in Istanbul bei der Ladenmeile am Flughafen aufgehalten und die Uhr aus dem Blick verloren. Folge: Flugzeug nach Deutschland verpasst.“
„… bei der Ladenmeile aufgehalten“…
Ob der Redakteur kurzerhand selbst ein Shoppingvergnügen abgeleitet hat, ließ ein Bild-Sprecher auf Nachfrage unbeantwortet. Auch, warum die Reaktion erst jetzt erfolgte, nachdem es in den vergangenen Tagen bereits Hinweise gegeben hatte, bleibt offen.
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Viele Grüße
Marvin
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