Dein Lese-Letter zur Wochenmitte

Kalenderwoche 28/2025

Hallo Medieninsider!

Schön, dass du dabei bist! Was dich in dieser Woche unter anderem im Lese-Letter erwartet:

Streit ohne Ende: Zeitungsverlage und Gewerkschaften werden sich bei den Tarifverhandlungen nicht einig – Zeit über ein neues Modell nachzudenken. Mein Plädoyer für eine Tarif-Reform (direkt zum Artikel)

Öffentlich finanziert, geheim verwaltet: Volker Nünning zeigt auf, wie ARD & ZDF Gesetzeslücken nutzen, um der viel beschworenen Transparenz zu umgehen (direkt zum Artikel)

 Medienschaffender ≠ Kommunikationsprofi: Claudia Michalski erklärt, was Sprache mit Führung zu tun hat und was Führungskräfte dabei verinnerlichen sollten (direkt zum Artikel)

Personalie mit Signalwirkung: Meredith Whittaker zieht in den Verwaltungsrat von Burda ein – was nicht die einzige Veränderung ist (direkt zum Artikel)

Neu: Wir starten ein monatliches Tool-Update für KI in Medien und Content als Seminar, damit du den Überblick behältst (zur Event-Übersicht)

Am heißesten Tag des Jahres: Jörg Kachelmann wettert ausgerechnet gegen bei Bild – und entdeckt dort „gute Menschen“ (am Ende des Newsletters)

Community: Lese-Letter-Leser haben über meinen Kommentar zur Mehrwertsteuer abgestimmt. Nun wollen wir wissen: Wie stehst du zu einer Tarifreform? (zur Umfrage)

Radikalreform: Die Zukunft des Tarifs liegt in seiner Veränderung

Seit Monaten wird verhandelt, gestreikt, blockiert. Die Tarifauseinandersetzung zwischen den Journalistengewerkschaften und dem Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) zieht sich – ohne erkennbare Bewegung. Die Gewerkschaften fordern krasse Gehaltssteigerungen von zehn bis zwölf Prozent. Der Grund: Nach Corona und Ukrainekrieg hielten sich die Arbeitnehmervertreter zurück. Nun sollen Verlage nachliefern. Arbeitnehmervertreter weisen auf massive Reallohnverluste hin und äußern die Sorge, dass der Journalistenberuf immer unattraktiver wird.

Die Verleger halten dagegen, verweisen weiter auf die wirtschaftliche Lage der Branche: sinkende Printauflagen, steigende Produktionskosten, rückläufige Werbeerlöse, hoher Investitionsdruck in die digitale Transformation. Der BDZV-Verhandlungsführer Georg Wallraf spricht von „enormen Herausforderungen“ und warnt vor Forderungen, die die Realität der Verlage ignorierten.

Arbeitgeber und Arbeitnehmer verbindet der Druck aus den eigenen Reihen: Zu große Zugeständnisse an die jeweils andere Seite könnten dazu führen, dass der Tarif und damit die jeweiligen Verbände an Rückhalt verlieren. Alle sorgen sich um den Verlust weiterer Mitglieder.

Die Grundsatzfrage: Ist das Modell noch zeitgemäß?

Mit Blick auf das Tarifsystem als Grundlage für faire Zusammenarbeit stellt sich abseits der laufenden Verhandlungen eine größere Frage: Wenn der bisherige Mechanismus ohnehin ständig zur Reibungsfläche wird, wäre es dann nicht langsam an der Zeit, grundsätzlicher über Tarifstrukturen im Journalismus nachzudenken? Müssen oder können Tarifgefüge nur noch als eine Absicherung dienen – oder sollten sie nicht auch dazu beitragen, Transformation und Wachstum zu fördern?

Ich habe mir Gedanken darüber gemacht und plädiere in einem Kommentar für eine radikale Reform. Aus meiner Sicht kann ein Tarifmodell nur erhalten bleiben (Stichwort „Tarifflucht“), wenn es sich verändert:

Die Entwicklung künstlicher Intelligenz ist so rasant, dass sie sich beinahe täglich überholt. Sich einmal nach Tools und ihren Einsatzmöglichkeiten zu erkundigen, reicht längst nicht mehr aus. Mit unserem regelmäßigen Event KI-Insider bleibst du fortlaufend informiert.

Einmal im Monat stellen wir dir die jüngsten Updates der gängigsten Tools oder neue Produkte vor, die dir den Arbeitsalltag als Medienprofi erleichtern – live, kompakt in 90 Minuten und vor allem interaktiv. So kannst du individuell am meisten für dich mitnehmen. Ideal für alle, die nicht selbst stundenlang recherchieren wollen.

Leiter:in für den Bereich Innovationstransfer und Kommunikation beim Medieninnovationszentrum Babelsberg (MIZ)

Online Redakteur:in (m/w/d/k.A.) bei ressourcenmangel

Korrespondent (d/m/w) Landespolitik Thüringen bei MADSACK Mediengruppe

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KI-Insider: Das Tool-Update für Medien und Content
monatliches Seminar mit Patrick Egger
1. Termin: Dienstag, 2. September 2025 von 12:00 - 13:30 Uhr

Auf der anderen Seite: Interviews geben statt führen
Seminar mit Claudia Bender
Dienstag, 16. September 2025 von 18:00 - 20:00 Uhr

AI-Agents – So baust du dir deinen eigenen digitalen Assistenten
Seminar mit Patrick Egger
Dienstag, 23. September 2025 von 10:00 - 13:00 Uhr

Alle Veranstaltungen findest du auf medieninsider.com/events

► Der Fall Gelbhaar beim RBB sei ein „Lehrstück über Kontrollverlust“ beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk, meint Thomas Pany bei Telepolis. Teure Fehler seien gemacht, Verantwortliche kaum zur Rechenschaft gezogen , die Öffentlichkeit sei weitgehend im Dunkeln gelassen worden, was Glaubwürdigkeit und Vertrauen in die Institution untergräbt (mehr erfahren)

► Der Hessische Rundfunk hat 2024 593 Millionen Euro eingenommen und 554 Millionen Euro ausgegeben – ein Überschuss von 39 Millionen Euro (mehr erfahren)

► Der Mitteldeutsche Rundfunk hat 819,8 Millionen Euro ausgegeben. Die Gesamterträge beliefen sich auf 775,6 Millionen Euro, ein Fehlbetrag von 44,2 Millionen Euro (mehr erfahren)

► HR und MDR haben in den Jahresberichten auch die Vergütungen für die Leitung veröffentlicht. HR-Intendant Florian Hager bekam 255.000 Euro zuzüglich 12.315 Euro Aufwandsentschädigung und Sachbezüge (mehr erfahren). MDR-Intendant Ralf Ludwig erhielt 280.750 Euro an Jahresbezügen und 17.661 Euro an Sachbezügen (mehr erfahren)

► Der MDR stellt den Podcast mit Klima-Ökonomin Claudia Kemfert ein – Correctiv wirft die Frage auf, ob dies aus politischen Gründen geschehen sein könnte (mehr erfahren)

► Lizenzdeal: Die ING-Diba integriert Analysen der Börsenmedien AG (Der Aktionär, Börse Online) in sein Angebot für Depotkunden (mehr erfahren)

„… übergriffig und respektlos“: Playboy-Verlegerin Myriam Karsch kritisiert eine Karikatur von Turi2, in der sie „instrumentalisiert“ werde. Gleichzeitig wundert sie sich über die Reaktion von Chefredakteur Markus Trantow, der sich später ausführlich entschuldigt (Karsch-Posting, Trantow-Posting)

► Deutschland und Frankreich treiben mit Arte im Zentrum den Aufbau einer europäischen Medienplattform voran – mit Inhalten in bis zu 24 Sprachen und politischem Rückhalt auf Bundes- und Länderebene, berichtet Volker Nünning beim Verdi-Magazin Menschen Machen Medien (mehr erfahren)

► Die britische Independent Publishers Alliance reicht EU-Kartellbeschwerde wegen der KI-Übersichten von Google ein – die Verleger fürchten massive Traffic-Verluste und nicht wiedergutzumachende Schäden (mehr erfahren)

Fortune startet mit Fortune Intelligence ein neues KI-News-Format – Ziel ist schnellere Berichterstattung durch Chatbots unter menschlicher Aufsicht, berichtet Semafor. Axios wiederum lockert seine Richtlinien für KI-Texte – Inhalte müssen nicht mehr ausschließlich von realen Personen stammen (mehr erfahren)

► „AI is your newest audience“: Medien müssen sich darauf einstellen, dass ihre Inhalte zukünftig zuerst von KI-Agenten gelesen werden, bevor der Inhalt tatsächlich den Konsumenten erreicht, schreibt Shuwei Fang bei Splice (mehr erfahren)

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Wer Media Professionals erreichen möchte, findet bei den Newslettern von Medieninsider eine hochexklusive Zielgruppe ohne Streuverlust und zwar mit nativen Formaten direkt per E-Mail oder WhatsApp. Interessiert?

Kachelmann wettert gegen BEI Bild

Vergangene Woche Mittwoch war in weiten Teilen Deutschlands bekanntermaßen der heißteste Tag des Jahres. Daher war ich mir zunächst nicht sicher, ob ich halluziniere. Ein Glas Wasser später war klar: Es war kein Hitzeschlag. Jörg Kachelmann hat tatsächlich ein Interview gegeben – bei Bild.

Kachelmann wettert: Diese Hitzetipps sind tödlich lautete die Schlagzeile, die am Morgen Aufmacher auf der Home war. In einem langen Interview räumte der Wetterexperte mit Hitzemythen auf und kritisierte vermeintliche Experten und Medien für Panikmache, Sensationsjournalismus und Desinformation in Sachen Wetterphänomene, Waldbrände und Klimawandel.

Warum das bemerkenswert ist? Weil Kachelmanns Verhältnis zu den Medien von Axel Springer – und allen voran zu Bild – alles andere als von „Friede, Freude, Sonnenschein“ geprägt war. Im Gegenteil: Mit dem Namen Kachelmann verbindet man bei Bild den bislang aufsehenerregendsten Gerichtsprozess inklusive Rekordentschädigung, die der Boulevardtitel jemals zahlen musste.

2018 bestätigte der Bundesgerichtshof in letzter Instanz zahlreiche Verletzungen von Kachelmanns Persönlichkeitsrechten durch Bild. Entstanden waren sie im Zusammenhang mit Vergewaltigungsvorwürfen, von denen Kachelmann gerichtlich freigesprochen wurde. Mehr als eine halbe Million Euro soll der Boulevardtitel letztlich an Kachelmann gezahlt haben. Später kassierte Bild sogar noch eine Klatsche vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wegen eines Fotos, das Kachelmann im Gefängnishof gezeigt hatte. Der Fall setzte neue Maßstäbe im deutschen Presserecht. 

Und nun, sieben Jahre später, ein Exklusiv-Interview in Bild? Ganz ohne Verweis auf die Vergangenheit und frei von Zorn? Das fand auch Kachelmann selbst erklärungsbedürftig. Bei X schrieb er:

…Die Zeitung und ich haben einander in der Vergangenheit ausführlich beharkt und ich war eher der Anhänger der reinen Lehre, dass man generell nichts mit ihr machen sollte. Ich sehe das heute anders, da es zumindest ein bis zwei Menschen dort gibt, denen ich vertraue und von denen ich weiß, dass es gute Menschen sind …

Gute Menschen bei Bild, sagt Jörg Kachelmann? Wen er damit gemeint haben könnte, offenbart die Autorenzeile des Interviews. 

Geführt hat es Timo Lokoschat, der 2018 zum Boulevardtitel kam und dort einer von zahlreichen Vize-Chefredakteuren ist. In diesem Zusammenhang muss man wissen: Lokoschat und Kachelmann sind bereits lange miteinander bekannt. Manch einer mag sich noch erinnern: 2017 bekam der mediengescholtene Kachelmann ein tägliches Wetterformat bei Spiegel Daily. Mit der „digitalen Abendzeitung“ wollte das Nachrichtenmagazin den Online-Journalismus revolutionieren, Lokoschat war einige Monate lang einer der beiden Redaktionsleiter. Daily wurde schnell wieder beerdigt, den Wetterexperten und Medienschaffenden Kachelmann hat es aber wiederbelebt. Als Lokoschat den Spiegel im Herbst 2017 schon wieder verließ, twitterte er:

War eine schöne Zeit mit @Lokoschat für @SPIEGELDAILY. Ich werde ihn vermissen, auch weil er freundlich war und damals an mich gedacht hat.

Die Bekanntschaft mag Kachelmann geholfen haben, heute den Pragmatiker (oder den Opportunisten?) in sich zu entdecken. Aus eigener Erfahrung weiß er schließlich, welchen Impact Bild in Deutschland hat. Weiter aus seinem Erklärungsposting:

Und:

Mir ist bewusst, dass es da auch noch von den anderen Menschen gibt, aber das ist für mich in einer Situation nachrangig, wenn ich das Gefühl habe, dass ich bei mir wichtigen Themen die Welt verändern und in diesem Fall sogar Menschenleben retten kann. Und wenn es so ist, dann mache ich das auch via Bild, auch wenn ich Verständnis habe, dass die Menschen, die bezüglich der reinen Lehre heute auf dem Stand sind, auf dem ich vor fünf Jahren war, sehr unzufrieden mit mir sind“

Fazit: Um Menschen wegen falscher Tipps vor dem Hitzetod zu bewahren, nimmt Kachelmann also erhitzte Gemüter in Kauf – und springt über seinen eigenen Schatten.

Wie denkst du über die Gehaltstarife für Journalisten?

In der vergangenen Woche habe ich nach deiner Meinung zum Editorial gefragt, in dem ich mich kritisch mit den Zeitschriftenverlegern und der Forderung nach einer Senkung der Mehrwertsteuer auseinandersetze. Das Ergebnis:

Meine Frage in dieser Woche:

Wonach sollten sich Tarife grundsätzlich richten?

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Viele Grüße
Marvin

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