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Dein Lese-Letter zur Wochenmitte
Kalenderwoche 11/2025
Hallo Medieninsider!
Schön, dass du dabei bist! Was dich in dieser Woche unter anderem im Lese-Letter erwartet:
► Ein Abbild der Branche: An der IVW zeigt sich, dass der Medienwandel zu lange nicht ernst genommen wurde (Editorial)
► Eine Institution in der Krise: Kevin Dusch analysiert die Probleme der IVW, Geschäftsführer Kai Kuhlmann sagt, was er nun unternehmen will (direkt zum Artikel)
► Der Spiegel hat seine neue Mitarbeiter KG gewählt – der erwartete, versteckte Protest blieb aus (direkt zum Artikel)
► Angespannte Lage bei den Sondierungen in Berlin – im Bundestag wurde Journalisten sogar mit Festnahme gedroht (direkt zum Artikel)
► OMR und Gruner steigen bei Finanz-Szene aus (News & Entdeckungen)
► Frische Eindrücke von der SXSW 2025: Innovationsexpertin Lina Timm berichtet am Montagabend im Q&A von ihren Erlebnissen beim Zukunftsfestival in Austin (jetzt anmelden)
► Neue Seminare: Heike Faller gibt dir Tipps für dein erstes Sachbuch, Patrick Egger und Michael de Gelmini erweitern ihr KI-Angebot und Martin Heller macht dich fit fürs Mobile Reporting (zum Eventkalender)
► Das neue Jobportal von T-Online wirkt wie Satire (am Ende des Newsletters)
Die IVW hat den Medienwandel verschlafen
In der Branche wird seit Jahren darüber gestritten, ob sie die Digitalisierung früh genug ernst genommen und ihre Auswirkungen aufs eigene Geschäft erkannt hat. Die Wahrheit ist: Sie hat es nicht. Sie hat sich zu lang an sprudelnden Gewinnen aus alten Gattungen erfreut und diese eben nicht genutzt, um früh in Forschung und Entwicklung zu investieren. Das betrifft sowohl die in weiten Teilen immer noch (zu) stark aufs Gedruckte fixierte Verlagsindustrie als auch TV-Sender, wie das Drama um den ProSiebenSat.1-Streamer Joyn zeigt. Kein Wunder also, dass auch die an den Medienunternehmen hängenden Dienstleister zu lange so getan haben, als sei der Medienwandel nebensächlich.
Kaum irgendwo ist das besser zu beobachten als bei der IVW. Sie steckt in einer Krise, die sie womöglich nicht überwinden wird.
Während sich die Mediennutzung in den vergangenen Jahrzehnten drastisch verändert hat, klebte die IVW an ihrer Satzung und damit verbundenen alten Messmethoden fest. Die Verbreitung war vielleicht bei der gedruckten Zeitung wichtig und hielt sich danach zwar auch erstaunlich lang im Internet. Der technologische Fortschritt (vom AdBlocker bis zu neuen multimedialen Formaten) macht das reine Zählen von Visits und PIs zunehmend unbrauchbar. Über die später folgende Paid-Content-Statistik ließen sich zwar Erfolgsgeschichten vermelden, über die Vermarktungsperformance sagt sie jedoch nichts aus. Gleiches gilt für Statistikspielereien wie der so genannten Gesamtzahl, für die Print- und Onlinewerte zusammengebracht wurden.
Metriken und Kennzahlen, die über die reine „Verbreitung von Werbeträgern“ hinausgingen? Die IVW blieb strukturkonservativ. Im Hintergrund geführte Diskussionen dauern zu lange.
Die Folge: Während sich die Print-IVW in den kommenden Jahren von selbst erledigen wird, gerät die digitale Reichweitenmessung ins Straucheln. Wie sehr, wurde Anfang des Jahres deutlich, als sich im Vergleich zum Vorjahr ein Viertel der bisherigen Publisher aus der Online-IVW verabschiedeten. Sie sind zur Konkurrenz von AGF und Agma abgewandert, die zeitgemäße Methoden bieten. Wenn die IVW behauptet, dass die Abwanderung der Plattformen auf zu hohe Kosten zurückzuführen seien, ist das also nur die halbe Wahrheit.
Ob die Organisation, hinter der noch immer alle relevanten Branchenverbände stehen, noch die Kehrtwende schaffen kann? Das glaubt zumindest Geschäftsführer Kai Kuhlmann, mit dem mein Kollege Kevin Dusch gesprochen hat. Seine Analyse zeigt auch: Das Bekenntnis der Publishing Economy ist eigentlich da. Nur bleibt für Strukturkonservatismus keine Zeit mehr.
Ehrlichen Austausch, inspirierende Ideen, handfeste Learnings – all das bietet das Forum für Innovation und Fortschritt im deutschen Qualitätsjournalismus. Seien Sie am 22. Mai Teil des Summits „The Future of German Media” in Hannover!


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► 14./21.03.2024: Blockseminar mit Daniel Fiene – Reichweitenaufbau und Monetarisierung bei Podcasts
► 09.04.2024: Q&A mit Valerie Rössler (FAZ) – Wie machen Medienhäuser ihre Abos abseits der Inhalte attraktiver?
Alle Veranstaltungen findest du auf medieninsider.com/events

► OMR und Gruner + Jahr steigen bei Finanz-Szene aus, Plutocapital dafür ein. Hinter dem Investor steht einer der Gründer von Check24, das auch eine eigene Bank betreibt (mehr erfahren)
► Ströer hat 2024 erstmals einen Umsatz von mehr als zwei Milliarden Euro gemacht, erwartet für das laufende Quartal ein Plus von 14 Prozent über Vorjahr (mehr erfahren)
► Die Finanzinvestoren KKR und Hellmann & Friedman haben kein Interesse mehr an Ströer, weil CEO Udo Müller und Dirk Ströer wohl zu hohe Preisvorstellungen haben (mehr erfahren)
► ProSiebenSat.1 hat seinen Umsatz 2024 um knapp zwei Prozent auf etwa 3,9 Milliarden Euro gesteigert, das Ebitda ging um vier Prozent auf 557 Millionen Euro zurück (mehr erfahren)
► Der Tagesspiegel berichtet über eine Rufmordkampagne unter russischem Einfluss gegen den Berliner Journalisten Nicholas Potter (mehr erfahren)
► Wegen Russland-Verbindungen: Journalist Hupert Seipel darf nicht mehr nach Kanada einreisen (mehr erfahren)
► Das ZDF zeigt in der Elon Musk Story, wie sich der Unternehmer radikalisiert hat und zum mächtigsten Mann der Welt wurde – dafür haben die Autoren auch Musks Vater getroffen (mehr erfahren)
► Die LA Times fällt mit einem KI-Tool auf, das Meinungsbeiträge automatisch um Gegenpositionen erweitern soll – in einem Artikel führte das zur Verharmlosung des Ku-Klux-Klans (mehr erfahren)
► Politico führt eine eigene Deep-Research-Funktion ein, mit der Nutzer für eigene Beiträge KI-gesteuert das Archiv durchsuchen können (mehr erfahren)
► Sara Fischer beschreibt bei Axios, wie die hyperlokale Nachrichtenplattform Patch ihre Newsletter mithilfe von KI in wenigen Monaten „auf nahezu jede Stadt in den USA ausgeweitet“ hat (mehr erfahren)
Job-Portal von T-Online: Wirkt wie Satire
Es ist schon ein Vorgang, ausgerechnet mitten in einer Wirtschaftskrise mit Zehntausenden wegfallenden Jobs eine Stellenbörse aufzusetzen. Möglicherweise ist auch das ein Grund dafür, dass es dem Vermarktungsspezialisten Ströer nicht gelungen ist, mit großen Launchpartnern aufzuwarten. „Top Arbeitgeber“ der in dieser Woche gelaunchten Jobbörse: vier Unternehmen des Ströer-Konzerns, von denen nur eines Jobs im Angebot hat – wobei wir bei den nächsten Indikatoren dafür sind, dass es sich irgendwie um Satire handeln muss.
Vier der sechs von der Ströer Content Group Sales GmbH ausgeschriebenen Jobbezeichnungen lauten:
► Wasserrutschen-Tester (m/w/d)
► Bautänzer (m/w/d)
► Head of Feierabend (m/w/d)
► Chief Happiness Officer für Montagsmuffel (m/w/d)
Was es damit auf sich hat? Es handelt sich offenbar um einen Werbegag, der zwischen all den anderen und durchaus seriösen Jobs jedoch mindestens befremdlich wirkt.

Wie Satire wirken übrigens auch die Ausführungen von Mark Lucht zur neuen Jobbörse. Bei Linkedin hat der Geschäftsführer der Ströer Content Group Sales GmbH ein Interview mit sich selbst veröffentlicht (und dabei offenbar vergessen zu erwähnen, dass es dem Intranet entstammt). Darin versucht er zu unterstreichen, weshalb die x-te Jobbörse nun eine Innovation ist.
tl;dr: weil Ströer bekanntlich nicht nur im Netz unterwegs ist, sondern auch auf seinen Außenwerbeflächen.
Disruption pur.
Viele Grüße
Marvin